exploring509

never stop

Alpenüberquerung

2. Woche 03.07. – 09.07.2017

Etappe 8
Schweinfurter Hütte – Winnebachseehütte – Längenfeld
14,8 km 897 hm ↗ 1305 hm ↘ 6,5 Stunden

In Woche 2 starten wir von der Schweinfurter Hütte hinein ins Zwieselbachtal. Der sog. Gubener Weg führt im starken Kontrast zum eher lieblichen Tal über eine karge Geröllwüste hinauf aufs Zwieselbachjoch. Bei 3 Grad, Schnee- und Graupelschauern sind wir froh, nicht die ersten auf der Strecke zu sein. So ist der Aufstieg aufs Joch bereits gespurt und wir brauchen nicht zusätzlich zur Rumrutscherei im Schneematsch den Weg suchen. Vom Joch aus bietet sich ein Abstecher auf die Larstigspitze (3172 m) an. Ohne Spur allerdings schwer zu finden – daher lassen wir das diesmal. Der Abstieg auf den ersten Höhenmetern bleibt eine sehr rutschige Angelegenheit, aber je weiter runter es geht desto weniger wird der Schnee und umso entspannter auch wir. Bevor man die toll gelegene Winnebachseehütte sehen kann, hört man zunächst die Wasserfälle, die in den See und den Bach stürzen. Wenn die Hütte in den Blick kommt ist das Alpenbilderbuchpanorama perfekt.

Es ist erst Mittag als wir in der Hütte ankommen und nun heißt es für uns eine Entscheidung zu treffen. Ursprünglich wollten wir in der Hütte übernachten um danach weiter über die Ambergerhütte und das Atterkarjöchl in Richtung Zwieselstein zu gehen. Das Jöchl liegt uns aber schon seit der Planung unserer Tour etwas im Magen – glaubt man den Berichten etlicher „Vorgänger“ so gibt es beim sehr ausgesetzten Jöchl zudem viel brüchiges Gestein und die Überschreitung ist daher kein Kinderspiel. Der Hüttenwirt der Winnebachseehütte meint zwar, der Weg sei an sich kein Problem, bei den Schnee- und Wetterverhältnissen sei aber Vorsicht geboten. Nachdem uns das weggesprengte Gestein am Pirchkogel und unser Beinah-Bergabgang noch gut in Erinnerung ist, entscheiden wir uns etwas umzuplanen und das Atterkarjöchl auszulassen. Nach einer deftigen Speckknödelsuppe und dem obligatorischen Mittagsrussen steigen wir also ab nach Gries und landen mit dem Wandershuttle schließlich in Längenfeld, wo wir auch die Nacht verbringen. 

Etappe 9
Ruhetag in Obergurgl
8 km 400 hm ↗ 400 hm ↘ 3 Stunden

Nach 8 Etappen wollen wir uns heute mal eine Pause gönnen. Wir fahren morgens mit dem Linienbus nach Obergurgl, suchen uns eine schöne Pension (den Wendlerhof – sehr zu empfehlen) und machen nur einen kleinen Spaziergang zur Schönwiesalm. Zurück gehen wir durch wunderbaren Zirbenwald und beobachten noch aus der Ferne wie einem Pferd, das in eine Klamm gefallen ist und sich nicht mehr selbst befreien kann, mit dem Hubschrauber wieder rausgeholfen wird. Spannend auch die Dämlichkeit einiger Schaulustiger – was tut man nicht alles für ein tolles Foto: selbst in die Klamm fallen oder von der aufgeregten Herde über den Haufen rennen zu lassen…

Etappe 10      
Obergurgl – Ramolhaus    
7,5 km 1100 hm ↗   4 Stunden

Auf den Aufstieg aufs Ramolhaus freuen wir uns schon die ganze Zeit da wir hier die „höchste“ Nacht auf 3006 Metern verbringen werden. Auch unsere ursprüngliche Routenplanung hatte die Hütte vorgesehen, allerdings wären wir dann von einer etwas anderen Seite her gekommen. Die Route von Obergurgl aus hat es aber auch in sich – zunächst läuft der Weg mit nur mäßiger Steigung am Berghang entlang bevor er sich dann zur Hütte in kleinem Zick-Zack hochschraubt. Erschöpft kommen wir auf der Terrasse an, beim Duft von ofenfrischem Schweinebraten werden unsere Geister aber gleich wieder munter. Zwar müssen wir uns bis zum Abend, bis er in der urigen Stube auf den Tisch kommt noch etwas gedulden – die Wartezeit versüßt uns der frisch gebackene Topfenstrudel. Sehr gut gefallen hat uns auch der Rest der Hütte, die von den jungen Betreibern wirklich klasse und mit hohem Engagement geführt wird. Wir dürfen die „Suite“, das einzige Zweibettzimmer und dann auch noch durch den Kamin beheizt, beziehen. Von der Terrasse aus haben wir einen überwältigenden Blick auf den Gurgler Ferner und so gewinnt das Ramolhaus den ersten Platz in unserer Hüttenkategorie Beste Aussicht. 

 

Etappe 11      
Ramolhaus – Martin-Busch-Hütte
11,9 km 726 hm ↗ 1203 hm ↘ 6,5 Stunden

Als wir heute nachmittag auf der Martin-Busch-Hütte ankommen, sind wir zum ersten Mal so richtig kaputt. Die Muskeln sind müde, die Fußsohlen brennen und dabei wissen wir als wir beim Belohnungsweizen auf der Terrasse sitzen noch gar nicht, was auf uns noch zukommt. 

Der Weg vom Ramolhaus führt uns zunächst über eine kleine seilversicherte Kletterpassage (kein Klettersteigset notwendig) auf 3189 Meter zum Ramoljoch. Der Abstieg nach dem Joch geht erst über verblocktes Gelände, später über sattgrüne Wiesen – und er zieht sich… Wir steigen zunächst weiter ab als notwendig um ein Tal zu überqueren, d.h. zum Ende der Etappe geht es auf einem breiten Schotterweg nochmal, teilweise recht steil, bergauf zur Hütte. Diesem Schotterweg verdanken wir auch unsere platten Füße. Auf der Hütte angekommen ergattern wir die letzten zwei (?!) Schlafplätze und wundern uns noch, da ausser uns nicht viele weitere Besucher auf der Terrasse in der Sonne sitzen. Bis es dann auch schon losgeht – die nette Bedienung bittet uns das Weizen abkassieren zu dürfen, bevor lt. ihrer Aussage auf der Hütte das Chaos losbrechen wird. Und mit Chaos meint sie die Scharen von tapferen E5-Wanderern, die sich wenig später lärmend auf die Sitzplätze auf der Terrasse stürzen. Der E5 ist wohl die bekannteste aller Alpenüberquerungsrouten und durch das sehr aktive Marketing der Bergschulen und auch des DAV wandern jedes Jahr mehr und mehr bergunerfahrene und bergüberforderte Menschen hier entlang. Wir sind entsetzt, was wir teilweise zu sehen bekommen: völlig erschöpfte Wanderer, die ihre Rucksäcke nicht mehr selbst tragen können (das übernehmen dann die Bergführer), deren Füße vor lauter Blasenpflastern keine freie Stelle mehr haben, die vor lauter Muskelschmerzen kaum noch gehen können. Die Wanderer sind mit ihren Bergführern (die uns echt leid tun) auf der vorletzten Etappe – morgen ist ihr Spuk zu Ende. Am meisten ärgert uns, dass wir und aus unserer Sicht auch die E5-Wanderer um das echte Bergfeeling gebracht werden. Die Martin-Busch-Hütte ist in unseren Augen keine Hütte, sondern ein schlecht geführtes Hotel und eine noch schlechtere Kantine mit  dafür unverschämten Preisen. Die Ausrede, dass die Preise deshalb so hoch sind, weil die Waren mühsam angekarrt oder angeflogen werden müssen, zählt hier nicht. Die vorher genannte Schotterpiste führt vom Tal bis hinauf zur Hütte, damit ist für regelmäßigen Nachschub bestens gesorgt. Gehört man als Individualwanderer keiner geführten Gruppe an, bekommt man im Speisesaal abends nicht mal einen Platz, da alles von den Bergschulen reserviert wurde, wie im übrigen auch die Schlafplätze. Einige Tage später erzählt uns ein ebenfalls individual wanderndes Pärchen, dass sie trotz rechtzeitiger Reservierung nur im Notlager im Keller übernachten konnten, da die Bergschulen nun mal Vorrang genießen. Für das Frühstück bekommen wir vom Hüttenwirt den Tipp, besser nicht vor halb 8 Uhr im Speisesaal aufzutauchen, dann bekäme man auch einen freien Stuhl. 

 

Etappe 12      
Martin-Busch-Hütte – Similaunhütte – Vernagt
10,4 km 607 hm ↗ 1388 hm ↘ 5 Stunden

Als wir am nächsten Morgen wie empfohlen erst um halb 8 zum Frühstück erscheinen sind die Karawanen tatsächlich bereits losgezogen. Als wir wenig später losgehen sehen wir die einzelnen Gruppen im Gänsemarsch zur Similaunhütte aufsteigen. Da dies ebenfalls unser Ziel ist holen wir einige der Gruppen ein und überholen. Auf der Similaunhütte angekommen freuen wir uns zunächst über das herrliche Panorama und die tolle Lage der Hütte. Von der Hütte, bzw. den Hüttenwirten sind wir mehr als enttäuscht. Der Grad der Kommerzialisierung toppt sogar noch die Martin-Busch-Hütte. Hier wird das Geld allerdings nur zu einem Teil mit den E5-Wanderern verdient, denn die kehren hier nur auf eine Rast ein und übernachten nicht, sondern mit den vielen Besteigern des Similaungletschers. Ursprünglich wollten wir auf der Hütte übernachten, da wir aber noch sehr fit sind und die Aussicht auf eine 60cm Matratze im Lager (das ohne Sanitär im Nebengebäude untergebracht ist) uns nicht begeistert und der Herzlichkeit in diesem Hotel (Achtung – Satire) entscheiden wir uns unsere Reservierung zu stornieren. Kein Problem, denken wir uns, es war noch weit vor Mittag und der Charakter der Reservierung beim Anruf vor ein paar Tagen eher unverbindlich. Wir gingen daher nicht einfach weiter sondern meldeten unsere Entscheidung am Tresen und ernteten allerdings eine mehr als rüde Reaktion. Was wir eigentlich glauben wie es hier läuft und man wolle nun 15 EUR Stornogebühr pro Person von uns haben – da wir wussten dass die Betreiber keinesfalls auf ihren unbelegten Plätzen sitzen bleiben sondern es auch anderen wie uns geht – nämlich dass Routen umgeplant werden (müssen) – sei es wetter- und/oder konditionsbedingt, haben wir dafür null Verständnis und bezahlen die Gebühr daher auch nicht. 

Bevor wir nach Vernagt absteigen und wieder unzählige, völlig erschöpfte Wanderer überholen, machen wir noch einen Abstecher auf dem Grat entlang in Richtung Finailspitze. Da wir unsere Rucksäcke aufgrund der freundlichen Begegnung nicht auf der Hütte lassen wollen, ist die Kraxelei etwas mühsam sodass wir schließlich umkehren und absteigen. Die Ötzifundstelle kann übrigens auch „hintenrum“ erreicht werden, indem man bereits kurz nach der Martin-Busch-Hütte einem markierten Abzweig nach rechts folgt. 

Ein paar hundert Höhenmeter vor dem Vernagter Stausee wandert man durch einen wunderschönen Steingarten und erreicht anschließend den altehrwürdigen Tisenhof. Hier wird dem DAV aus unserer Sicht gezeigt wie mit dem hohen touristischen Andrang auch umgegangen werden kann. Nämlich supernett und superfreundlich, mit sehr guter Essensqualität zu angemessenen Preisen. Der Tisenhof ist nachmittags voll mit E5-Wanderern, die hier nun am Ziel sind. Der restliche Weg zum eigentlichen Zielort Meran wird mit Bussen zurückgelegt.

Auch wir fahren ein Stückchen mit dem Bus und verlassen an dieser Stelle endgültig den L1, von dem wir bereits in den vergangenen Tagen teils etwas abgewichen sind, und fahren nach Katharinaberg. Hier werden wir morgen auf den Meraner Höhenweg einsteigen. 

Den Weg den der DAV hier geht – nämlich seine Hütten zu kommerzialisieren, für den Massentourismus zu zweckentfremden und Wanderneulingen ein „Bergerlebnis“ um jeden Preis zu versprechen, wollen wir nicht unterstützen und treten daher unmittelbar nach unserer Heimkehr aus dem DAV aus.   

 

Etappe 13      
Katharinaberg – Nasereithütte
16,5 km 1085 hm ↗ 800 hm ↘ 8 Stunden

Die erste Etappe auf dem Meraner Höhenweg hat es gleich in sich. Der Weg ist lang und mit Schmankerl wie der „1000-Stufen-Schlucht“ auch kräftezehrend. Das heiße Wetter an diesem Tag tut sein übriges dazu und so verschlingen wir den, uns bereits aus vorhergehenden Urlauben bekannten, superleckeren, hausgemachten Kaiserschmarrn bei der Mittagsrast im Linthof innerhalb weniger Minuten. Nachmittags kehren wir noch auf einen Zuckerschock am Giggelberg ein bevor wir uns auf der wunderschönen Terrasse der Nasereithütte niederlassen. Die Wirtsleute sind supernett, die Hütte selbst neu renoviert und gut durchdacht und das Essen reichlich und sehr lecker. So genießen wir den Abend mit einigen Mitwanderern und dem ein oder anderen spendierten Schnaps bevor wir müde in die großzügigen Betten unseres Lagers fallen.  

Etappe 14      
Nasereithütte – Hochmut / Dorf Tirol
11 km 450 hm ↗ 600 hm ↘ 5 Stunden

Unser heutiger Tag beginnt früh, aber nicht weil wir das so wollen sondern weil sich einige unserer Lagergenossen entscheiden um 6 Uhr morgens mit Packen zu beginnen. Eine Dame entschließt sich gar sich eine ordentliche Portion Sonnenmilch zu gönnen und diesen Vorgang ausgiebig zu zelebrieren. Und warum ins großzügige Badezimmer gehen um dies zu tun – da hätten die anderen ja gar nichts davon ?! Langsam merken wir, dass das Lagerschlafen für uns nicht länger ok ist, sondern dass uns der Egoismus einiger weniger anderer Wanderer mehr und mehr nervt.

Das riesige Frühstücksbuffet bringt allerdings gleich wieder bessere Laune und danach gehts auch schon los. Unser Weg führt uns über die Tablander Alm zum Hochganghaus. Eigentlich wollten wir hier über das Hochgangschartl und die Spronser Seenplatte zum Oberkaser gehen. Beim dortigen Hüttenwirt, dem „König der Berge“ waren wir bereits in der Vergangenheit eingekehrt und daher wollten wir unbedingt nochmal hin. Die Unwetterwarnung hält uns allerdings davon ab und so gehen wir weiter in Richtung Hochmut. In der Leiteralm lassen wir uns noch ein Speckbrett schmecken bevor wir rechtzeitig zu Gewitterbeginn in die Seilbahn steigen die uns runter ins Dorf Tirol bringt. Im Garni Pöhl verbringen wir die Nacht und genießen mal wieder eine unbegrenzte, heiße Dusche. 

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