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never stop

Nordamerika / Mexico

Immerzu fahren wir im Kreis

25.06. – 24.07.2022

Wir fahren entlang des Parks Highway nach Norden und plötzlich schiebt sich uns ein großes, weißes Bergpanaroma vor die Linse. Der Denali, mit 6.194 Metern höchste Berg der USA steht im Zentrum der höchsten Gebirgssilouette der Welt und mitten vor uns. Naja fast, knapp 40 Meilen Luftlinie sind es vom Viewpoint South bis dorthin. Wir haben Glück, die Bergkette ist fast wolkenfrei, nur die von Waldbränden in der Nähe rauchgeschwängerte Luft trübt die Sicht ein wenig ein. Um den Denali herum wurde ein großzügiges Schutzgebiet geschaffen, der Denali Nationalpark, unser Ziel für die nächsten beiden Tage. Campgroundreservierung haben wir keine und auch das Shuttlebussystem erschließt sich uns aus dem Internet nicht so ganz. Wir wissen, dass der größte Teil der Parkstraße seit einem Murenabgang nicht mehr erreicht werden kann und werden im Visitorcenter aufgeklärt, dass auch die Shuttlebusse nur noch bis zum Savage River fahren, also etwa 14 Kilometer. Über einen Drittanbieter können Bustouren für schlappe 130 EUR/Person gebucht werden, die etwas weiter in den Park zum „Wildlifeviewing“ hineinführen. Darauf haben wir so gar keine Lust, denn die spannende Tierwelt gibt’s auch ohne Bezahlung und so nehmen wir nur den kostenlosen Shuttlebus zum Trailhead des Alpine Ridge Trails. Die Wanderung über den Bergrücken ist ganz schön und wir freuen uns, uns mal wieder die Beine vertreten zu können, aber so richtig vom Hocker haut uns der Park nicht. Da gefällt uns unser toller Stellplatz außerhalb der Parkgrenzen viel besser und so verbringen wir dort zwei Nächte. Nachdem wir noch dem Schlittenhunderudel (tolle, sehr beeindruckende Tiere) hallo gesagt haben, drehen wir um – wir haben mit dem Denali Nationalpark den westlichsten Punkt unserer Tour erreicht.

Der Denali Highway, eine 217 Kilometer lange, meist geschotterte Straße verläuft überwiegend oberhalb der Baumgrenze gen Osten. Nach den ersten Metern werfen wir nochmal einen Blick zurück und sehen den Denali in seiner vollen Pracht. Ohne Wolken, ohne Rauch – ein fantastisches Bild.  Auf dem größten Teil der weiteren Strecke begleitet uns nun ein Hochgebirgspanorama, davor eine von Seen, Flüssen und Mooren durchsetzte, offene Hochfläche. Viel Wind beschert uns am ersten Abend einen mückenfreien Stellplatz mit freier Sicht auf die vergletscherten Berggipfel. Als wir am nächsten Morgen aufwachen, trauen wir unseren Augen nicht: Ist das Nebel? Leider nicht, es ist Rauch – irgendwo brennt eines oder mehrere Wildfire und der Wind drückt den Rauch in Richtung der Bergkette. Wir beschließen daher heute nur ein Stück weiter zu fahren und hoffen auf Besserung. Doch auch nach einem Tag ist die Sicht unverändert schlecht und der dauernde Brandgeruch schlägt uns auf die Stimmung und auf die Augen. So können wir den Rest des wunderschönen Denali Highways leider nur mehr sehr eingeschränkt genießen, erst als wir auf dem Richardson Highway wieder gen Norden fahren bessern sich die Verhältnisse. So landen wir etwas früher als gedacht im Örtchen Delta Junction. Da wir einige Angelegenheiten zuhause in Deutschland regeln müssen, bleiben wir 2 Tage auf dem Parkplatz hinter der Bücherei – denn da gibt es sehr gutes Internet und einen ruhigen, schattigen Stellplatz. Auf dem Parkplatz vom provisorischen Supermarkt (der bisherige ist im Winter durch die Schneelast auf dem Dach zusammengebrochen) treffen wir Manuela und Markus aus Altusried. Wir verbringen einen sehr lustigen Abend bei sehr gutem Bier und sauleckeren Pommes in der „Cave“, der Dorfkneipe, bevor sich unsere Wege wieder trennen.

Da es immer noch sehr heiß ist, springen wir 150 km weiter in den Moon Lake und verbringen die Nacht auf dem schönen, wieder mückenfreien Campground. Wir haben noch nicht so recht verstanden, wann es mückt und wann nicht, wir genießen einfach wenn‘s so ist. Der Taylor Highway, eine stellenweise üble Rumpelpiste mit vielen „Bump“ und „Dip“ – Warnschildern (die Unterscheidung haben wir auch nicht kapiert, es geht in jedem Fall einmal rein in die Stoßdämpfer und wieder raus) bringt uns ins sehr verschlafene Nest Chicken, unserem letzten Stop in Alaska. In Chicken steppte irgendwann mal der Bär, bzw. das Huhn – aber aus der Goldgräberblütezeit ist nicht mehr viel übrig. Wie so oft wird aus verstreutem Gerümpel eine Touristenattraktion, der Saloon hängt ein paar Mützen an die Wand und wird damit „unique“ und der Souvenirshop verkauft Katzengold, vermutlich made in China. Man merkt, wir sind wohl ein bisschen Alaskamüde und daher trollen wir uns recht bald und verbringen eine letzte Nacht vor der Grenze zu Kanada außerhalb dieses „Highlights“.

Der Grenzübertritt ist kurz und freundlich, wir bekommen schon wieder einen Stempel in den Paß (schön langsam werden die freien Seiten übersichtlich) und setzen unsere Fahrt auf dem Top of the World Highway fort. Passend zum Namen führt die sehr gepflegte Schotterpiste auf einem Bergkamm entlang, die Aussichten in die gefühlt ewige Weite sind wunderschön, wenn auch leider wieder durch Rauch in der Luft eingeschränkt. Die Straße endet in Dawson City und für uns auf dem Yukon River Campground, direkt am beinah übervollen Fluss. Frisch gestriegelt und fein angezogen schnappen wir uns abends unsere Fahrräder, um die Stadt zu erkunden. Dazu müssen wir mit der Fähre über den Yukon übersetzen. Das Beladen des Schiffs ist nicht so einfach, haben die Wassermassen der Schneeschmelze doch mal eben den Anleger etwas „beeinträchtigt“. Für uns mit den Rädern und auch mit dem Dicken kein Problem, für die Amis und Kanadier mit ihren teilweise riesigen Wohnmobilen und Trailern schon eher. Aber die Nutzung der Fähre ist „at your own risk“ – also good luck! Auf der anderen Seite angekommen nehmen wir Kurs auf Diamond Tooth Gertie´s Gambling Hall. Wir wollen uns eine Can-Can-Show ansehen, was Nettes trinken und vielleicht unser Glück beim Roulette versuchen. Doch als wir dort angekommen zerstreuen sich unsere Erwartungen an einen tollen Abend beinah umgehend. Hatten wir doch einen originalgetreuen Saloon vor Augen (so wie in Lucky Luke) – finden leider aber nur eine Spelunke mit dem Charme einer Industriehalle vor. Erschwerend ist absolut nichts los und die 20 Dollar Eintritt pro Person schrecken uns zusätzlich ab. Auch vom restlichen Dawson sind wir ziemlich enttäuscht – hatten wir uns doch irgendwie vorgestellt das ist wie Skagway, nur in größer. Wir finden tatsächlich nicht eine Kneipe oder Restaurant mit Flair, sodass wir nach einer Radelrunde durch die Stadt die Fähre zurück zum Dicken nehmen. Wenn wir schonmal ausgehen wollen …Wir bleiben dennoch einen zweiten Tag hier, besichtigen das Museum und den Sternwheeler-Graveyard und werfen immer wieder einen Blick ins Internet. Der Klondike Highway, der uns zurück nach Whitehorse bringen soll, wurde wegen einem großen Waldbrand komplett gesperrt. So haben wir keine Eile, kaufen nochmal ein und tanken voll. Ehe wir Dawson verlassen, fahren wir entlang des Bonanza Creek zu den Goldclaims. Hierhin wollten die Goldsucher auf ihrer abenteuerlichen Reise, von der wir euch in den vorangegangenen Blogs schon erzählt haben. Die Spuren sind nach wie vor deutlich – riesige Gesteinshaufen zeugen vom meilenweiten Durchwühlen des Erdreiches und die Gold Dredge #4 liegt noch „vor Anker“. Der größte für die Förderung und Durchspülung goldhaltigen Gesteins gebaute Eimerketten-Schwimmbagger mit Holzrumpf war bis 1966 in Betrieb. Aber auch heute wird an einigen Claims gearbeitet, für manche ist die Suche nach dem Reichtum also noch nicht beendet.

Nach einigen Kilometern biegen wir beim Schild „Arctic Ocean“ nach links ab auf den Dempster Highway – uns beiden ist schon lange klar, dass wir die 1000 Kilometer einfache Strecke hinaus zum Polarmeer nicht unter die Räder nehmen wollen. In den letzten Wochen sind wir mehr als genug gefahren, aber ein Blick hinein oder hinauf auf die Schotterstraße kann ja nicht schaden. Die Fahrt bis zum Tombstone Mountain Park ist ganz schön düster, ein gewaltiges Gewitter mit Blitz und Donner kommt uns entgegen. Der Regen hält sich leider in Grenzen und die schwarze Front zieht sehr schnell ab – wir haben auf mehr Niederschlag gehofft, damit der Rauch aus der Luft gewaschen und das Klondike Feuer eingedämmt wird. Wir verbringen zwei Nächte auf dem Dempster, haben von unserem schönen Platz am Fluss aufgrund fürchterlicher Mückenschwärme aber nicht viel.  

Vom Visitorcenter und durch Berichte anderer Reisender wissen wir, dass der Klondike Highway zwar immer noch gesperrt ist, eine begleitete Durchfahrt aber wann immer Feuer und Rauch es zulassen, ermöglicht wird. Gut so, denn sonst wäre die Umfahrung nahezu 1.000 Km lang! Und tatsächlich, wir haben Glück, bereits nach nur 10 Minuten Wartezeit bringt uns ein vorausfahrendes Pilotcar über 80 Kilometer durchs Brandgebiet. Nach der aufregenden Fahrt machen wir Pause am schönen Twin Lake – mückenfrei am Badesee genießen wir zwei Tage – bevor wir in Whitehorse mal wieder unsere Vorräte auffüllen. Hier schließt sich nun auch der Kreis unserer Alaska/Yukon-Rundfahrt. Fast 7 Wochen waren wir im hohen Norden unterwegs.

Würden wir es nochmal machen? Sehr wahrscheinlich nicht – die Küstenregion hat uns zwar schwer begeistert, der Funke im Inland ist aber nicht auf uns übergesprungen: Zuviel „Nichts“! Es gibt nur wenige Straßen, denen im Prinzip alle Touristen folgen (müssen), der Rest des Landes ist nur mit Flugzeug oder Boot zu erreichen. Und um diese wirklichen Abenteuer zu erleben (z.B. Bären beim Lachsefischen im Katmai Nationalpark beobachten) ist entweder eine Buchung 6 Monate im Voraus (dafür sind wir nun so überhaupt nicht geschaffen) und/oder ein gut gefüllter Geldbeutel nötig. Unterm Strich war es für uns zuviel Kilometerfresserei auf zu wenigen möglichen Unternehmungen und Highlights.

Die nun folgende Strecke nach Watson Lake kennen wir bereits von der Hinfahrt, wieder ist diese nicht besonders aufregend, führt uns aber zum Abzweig auf den Stuart-Cassiar-Highway, der uns weiter gen Süden bringt. Vier tolle Tage verbringen wir am Boya Lake, ein großartiger Paddelsee mit vielen kleinen Inseln und Seitenarmen und dazu mit einem Wasser wie in der Karibik. Nur leider nicht so warm, animiert aber trotz kältebedingter Atemnot unwiderstehlich zum Schwimmen. Dort treffen wir auf Hanne und Georg, die beiden kommen ebenfalls aus Landshut und haben ihre Weißware im Frühjahr dieses Jahres nach Halifax verschifft. Wir verbringen sehr launige Abende und werden fürstlich aus dem Dutch Oven bekocht.

Kurz danach laufen wir uns in Stewart erneut über den Weg und so nehmen wir die beiden mit zum Salmon Glacier. Die Straße, die zum Gletscher führt, ist eine furchtbare Rumpelpiste mit vielen Schlaglöchern und dazu ziemlich steil. Mit einem normalen Wohnmobil eher nicht zu schaffen. Nach 1000 Höhenmetern verbringen wir hier den Nachmittag staunend und beinahe ehrfürchtig. Dieser Gletscher ist einfach wunderschön und wir fühlen uns sehr, sehr klein.

Am nächsten Morgen klingelt der Wecker bereits um fünf Uhr, um rechtzeitig zur Dämmerung auf der Wildlife Viewing Plattform am Salmon Creek zu stehen. Wir wollen Bären beim Lachsfangen beobachten. Gerade als wir hinkommen sehen wir etwas weghuschen, glücklicherweise lässt sich der Jäger nochmal blicken und wir staunen nicht schlecht als wir einen Wolf am Ufer des Baches stehen sehen. Was für ein Glück – Wölfe in freier Wildbahn zu sehen steht eher nicht auf der touristischen Tagesordnung. So sind wir auch nur ein bisschen traurig, dass wir den Rest des Vormittags umsonst dort ausharren. Aufgrund der noch immer andauernden Schneeschmelze sind nur einzelne Lachse bereits stromaufwärts unterwegs – zu wenige für die Bären um sich bereits aus ihren höher gelegenen Quartieren zu bemühen, die warten bis es sich wirklich lohnt!

Die weitere Fahrt bis nach Prince George verläuft dann eher ereignislos. Wir nehmen uns ein paar Tage Zeit und nutzen die schönen, kostenlosen Stellplätze der Gemeinden am Weg. Für uns völlig ungewohnt nimmt der Verkehr plötzlich stark zu und schwupps, sind wir uns wieder in der Zivilisation. Welch ein Kontrast zu den vergangenen Wochen!

8 Gedanken zu „Immerzu fahren wir im Kreis

  • Eure Berichte und wunderschönen Fotos lassen uns schwärmen!
    Wir wünschen weiterhin tolle Erlebnisse, an denen wir teilhaben können…!

    Angela und Torsten (…die am Montag mit dem Nilsson zum TÜV müssen)

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    • MuP_509

      Hallo Ihr Zwei, vielen lieben Dank fürs Mitreisen! Achja, der liebe TÜV – davon bleibt der Dicke glücklicherweise verschont 🙂 Viele Grüße und good luck für euren Nilsson!

      Antwort
  • Sandra & Martín

    Sehr schön geschrieben ❤️

    Antwort
    • MuP_509

      Vielen lieben Dank Ihr Süßen :-*

      Antwort
  • Denise

    Wie immer, super Bilder. Darf ich einen Vorschlag machen? Könnt ihr bitte ein Photo mit der Route (highlighted on map) die ihr gefahren seid mit aufladen in den Report? Fände ich interessant zu sehen. Nur so eine Idee. Alles Liebe, Babas 😃💞

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    • MuP_509

      Hallo Babas, das ist eine tolle Idee – wir hatten das in den früheren Berichten immer dabei – wir schauen ob sich das wieder machen lässt. Liebe Grüße

      Antwort
  • Ulrich Eicher

    Hallo ihr Zwei.
    Wieder großartiges Erlebnis. Vielen Dank!
    Weiterhin alles Gute!
    Liebe Grüße aus Baden-Baden, wir trocknen langsam aus. Die Dürre ist verrückt.

    Uli und Brigitte

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    • MuP_509

      Liebe Brigitte, lieber Uli, ihr seid mit Abstand unsere treuesten „Verfolger“ und Kommentierer. Wir freuen uns sehr wenn unsere Berichte Anklang finden und eine kleine Auszeit vom Alltag bewirken. Liebe Grüße aus Calgary!

      Antwort

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