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never stop

Nordamerika / Mexico

Enamorado de Guatemala

14.04. – 20.05.2023

Neues Land – neue Grenzabenteuer. Zusammen mit Denise & Peter stürzen wir uns ins völlig undurchsichtige Getümmel, bekommen dabei Hilfe von einigen Jungs, die sich als Grenzhelfer, sog. „Pusher“, ein paar Dollar verdienen. Uns scheint sie gehören alle zur gleichen Familie, genauso wie die nette Dame, die notwendige Kopien für uns in ihrem „Copyshop“ in einer kleinen Hütte anfertigt. Bei ihr können wir auch die Gebühren für das TIP (Einfuhrgenehmigung für den Dicken) bezahlen, natürlich über ihren privaten (?!) Bankaccount. Sie nimmt dafür eine kleine Gebühr – uns freuts, sparen wir uns doch so den Marsch zur Bank bei 36 Grad im Schatten. Die Grenzer selbst sind sehr nett und freundlich, wir fühlen uns sofort willkommen und rollen mit einer 90-tägigen Aufenthaltserlaubnis nach einer guten Stunde vom Hof.

Auf überwiegend guter Straße führt uns unser Weg zum Lago Peten, dort kehren wir zu Viert in einer kleinen Comida ein und werden dort äußerst lecker von der Mama des Hauses bekocht. Die ersten gualtemaltekischen Biere zischen in der Hitze gleich mal weg. Unser erstes Übernachtungscamp schlagen wir anschließend vorm Haupteingang der Mayastätte Tikal auf.

Bereits um 6 Uhr am nächsten Morgen stehen wir nach einer kurzen Nacht (Die Brüllaffen im angrenzenden Dschungel reißen uns mehrmals aus dem Schlaf. Ihr Gebrüll ist bis zu 140dB laut!) am Eingang von Tikal. Die Anlage haut uns um, unglaublich groß, unglaublich beeindruckend. Viele sehr gut restaurierte Tempel, Pyramiden, auf einige darf man über wackelige Holztreppen hinaufsteigen. Nur wenige andere Besucher sind so früh auf den Beinen. Erst spät kommt die Sonne durch die Wolken, gut für uns, aber schlecht für die Bilder. Nach knapp 4 Stunden und 10 Kilometer Fußmarsch sind wir durch, durchgeschwitzt und Aufnahmekanal voll. Ein großartiger Vormittag.

Wir fahren entlang des Lago Peten in das Städtchen Flores, die Besichtigung fällt kurz aus und wir landen schnell auf einer Dachterrasse einer Kneipe. Hier weht zumindest ein kleines Lüftchen und lässt uns die hohe Luftfeuchte leichter ertragen. Zum Übernachten fahren wir in den Naturpark Ixpanpajul, packen den Grill aus und feiern Abschied von Denise & Peter. Leider trennen sich hier unsere Wege, die beiden sind schneller unterwegs als wir.

Nach einer weiteren Nacht brechen auch wir auf und machen uns auf den Weg nach Rio Dulce. Die Straße ist meist sehr gut zu befahren, die Landschaft spannend. Zwischen den netten Dörfern gibt es nur ein paar Müllentgleisungen. In Rio Dulce selbst steppt der Bär. Aller Verkehr zwängt sich durch die enge Hauptstraße. Wir parken etwas ausserhalb bei einer Marina. Rio Dulce ist vor allem Seglern ein Begriff, der gleichnamige See, der direkt mit dem Atlantik verbunden ist, bietet guten Schutz während der Hurrikansaison. Zudem sind die Liegeplätze günstig und die Infrastruktur perfekt auf die Bedürfnisse der Skipper ausgelegt. Wir laufen zurück in den Ort und kundschaften die Marinashops aus. Unsere Wasserpumpe hat noch nicht entschieden ob sie uns weiter auf unserer Reise begleiten will, die kleine Zicke. Es gäbe tatsächlich Ersatz, das beruhigt uns und so kehren wir noch zum Essen in einem der zahlreichen Straßenrestaurants ein. Es gibt Tortilla de Harina, ein großer Tacofladen wird mit Krautsalat, gegrillten Zwiebeln und Rindfleisch belegt, obendrauf Guacamole und eine scharfe Salsa. Saulecker! Das direkt vor unserer Nase dicke LKWs, schwere Pickups, diverse Militär- und Polizeikolonnen und ungefähr eine Million Tuk-Tuks entlang donnern, stört uns wenig. Früher hätte uns so ein Ort garantiert zum Wahnsinn getrieben, mittlerweile fühlen wir uns in so einer Umgebung viel wohler bzw. finden es schön und bereichernd in andere Lebensarten einzutauchen. Dabei allerdings nicht überfahren zu werden wäre schon tolll!

Am nächsten Tag widmen wir uns unserer Wasserpumpe. Peter macht verschiedene Tests und ja, das Teil ist nicht mehr ganz frisch aber pumpen tut sie eigentlich schon noch – aber warum kommt dann kaum Wasser aus dem Hahn? Mal Wasserfilter checken und oh Graus, das sieht nicht gut aus obwohl wir sie erst vor kurzem getauscht haben. Schon vor einiger Zeit hatten wir unseren Wassertank als Problemursache im Verdacht, aber das durch viele Argumente/Ausreden ausgeschlossen. Aber jetzt hilft es nicht mehr, wir müssen den Tank aufmachen. Leider heißt das Bett ausbauen und so allerhand in der Garage abmontieren, damit wir da rankommen. Und tatsächlich haben wir uns wohl irgendwo schlechtes Wasser eingefangen. Wir finden Biofilm im Tank, nicht viel, aber wohl genug um die Filter zuzusetzen. Also wird geschrubbt, gespült, desinfiziert. Essig dafür müssen wir erst im Ort besorgen, und wenn wir schonmal da sind, können wir ja gleich nochmal für eine Tortilla Halt machen. Wir lassen den Essig über Nacht einwirken, dann nochmal schrubben und alles wieder abdichten. Auch die Pumpe bekommt mit neuen Muttern ein Fixer-Upper. Bedingt durch die Hitze wird das Wasser in unserem Tank wärmer als sonst, d.h. dass wir künftig die Filter öfter wechseln müssen um weiterhin trinkbares Wasser aus dem Hahn zapfen zu können.

Nach 3 Tagen in der Marina fahren wir ein paar Kilometer weiter nach San Felipe, direkt ans Seeufer. Wir brauchen dringend Abkühlung, und die finden wir bei Markus, einem deutschstämmigen Gualtemalteken, der auf seinem Grundstück Stellplätze für Reisende anbietet. Er ist selbst vor Ort und wir werden sehr herzlich empfangen. Kriegen gleich ein kaltes Bier in die Hand gedrückt und da er und sein Kumpel Luis gerade am Kochen sind, wird einfach eine größere Portion gemacht. Der See ist sehr schön und es lässt sich herrlich schwimmen und relaxen. Auch die nächsten Tage geht das so weiter, Bootsausflüge zum „Trinken im See“ (eine gualtemaltekische Sportart) inklusive. Dann tauchen zwei andere Reisepaare aus Deutschland auf, und die schaffen es tatsächlich uns in kürzester Zeit zu vertreiben. Völlig verbohrte Querdenker, deren Gespräche sich nur darum drehen, wie schlecht die Welt und Deutschland im Besonderen ist. Die Coronazeit hat manchem ganz schön die Sicht und das Hirn vernebelt. Nicht auszuhalten diese schlechten vibes. Zusammen mit Heinz, der mittlerweile auch in Rio Dulce angekommen ist, fliehen wir zurück in die Marina und statten zum Trost gleich unserer Taqueria wieder einen Besuch ab.

Am nächsten Morgen machen wir uns zu Dritt auf dem Weg zum Bootsanleger, wir nehmen eine Lancha Collectivo nach Livingston. Die Kleinstadt liegt an der Nordseite der Mündung des Río Dulce in den Golf von Honduras und ist nur über den Seeweg erreichbar. Die Fahrt mit der Nusschale ist sehr kurzweilig und gerade an den Engstellen des Rio auch landschaftlich eine Augenweide. Livingston selbst ist allerdings wie erwartet, oder vielleicht noch schlimmer. Abgefuckt, lauter zugedröhnte Gestalten (um die Welt segeln scheint nicht allen zu bekommen) und sehr dreckig. Sogar der Strand ist hässlich. Quasi ein Gesamtkunstwerk! Zudem ist die Luftfeuchtigkeit noch schlimmer als weiter landeinwärts und so bleibt uns nichts als die Trinkhalle der einheimischen Fischer. Hier gibt es 3 eiskalte Bier für 20 Quetzales (gut 2 Euro) – genau richtig für 3 durchgeschwitzte Freunde. So kriegt man 3 Stunden Aufenthalt auch rum!  Bei der Rückfahrt sind wir die einzigen an Bord, der Kapitän gibt richtig Gas und so sind wir 90 Minuten später zurück in Rio Dulce, und damit zurück in der Taqueria…

Nachdem wir irgendwann keine Tortillas de Harina mehr sehen können ist es Zeit für einen Ortswechsel. Zudem hoffen wir auf kühlere Temperaturen im Hochland, so fahren wir schnurstracks nach Antigua de Guatemala, der ehemaligen Hauptstadt des Landes. Dort angekommen fahren wir direkt zur Polizei. Zur Polizei? Ja – denn auf dem Gelände der Touristenpolizei, das sich praktischerweise mitten in der Stadt befindet, dürfen Reisende für einige Tage kostenfrei stehen. Franzi & Kay sind auch hier, so befinden wir uns gleich in bester Gesellschaft. Wir bringen zwei große Säcke Wäsche in die Lavanderia, höchste Zeit, die durchgeschwitzten Klamotten sind gar nicht mehr richtig getrocknet. Abends machen wir uns auf den Weg in die Stadt – in dicken Pullis! Hätten wir auch nicht gedacht, dass wir uns mal freuen uns wärmer anziehen zu müssen. Antigua ist eine wunderschöne Kolonialstadt mit ganz viel Flair und einer tollen Mischung aus alt und neu. Die Restaurant- und Kneipendichte ist unglaublich groß, sehr viele Backpacker machen hier halt, um Spanischunterricht in einer der zahlreichen Sprachschulen zu nehmen und die wollen versorgt werden. Auch wir sitzen bereits am nächsten Tag auf der Schulbank, bzw. eher im Schulgarten. Der Unterricht findet 2:1 statt, 4 Stunden am Vormittag bekommen wir beide von unserem Lehrer Domingo die volle Ladung Spanisch ab.


Zur Abwechslung vom vielen Lernen und Schlemmen besteigen wir mit Kay, Heinz und Steffi & Manu den inaktiven Vulkan Acatenango, um den aktiven Vulkan Fuego zu bestaunen. Der Aufstieg auf 3750 Meter Höhe ist knackig, sehr steil, aber auch wunderschön. Wir steigen durch mehrere Vegetationszonen, vom Pinienwald über Urwald bis über die Baumgrenze hinaus. Die 1400 Höhenmeter Anstieg verteilen sich gerade mal auf 6 Kilometer. Da wir auf dem Berg übernachten wollen, haben wir eine organisierte Tour gebucht, somit müssen wir Verpflegung und Zelt&Co. nicht schleppen. Aber manchmal liegen Glück und Pech ganz nah beieinander. So erwischen wir einen der seltenen klaren Tage und die Fernsicht ist unglaublich. Leider ist der Fuego aber ein paar Tage zuvor heftigst ausgebrochen, das passiert nur alle 4-5 Jahre. Und nach so einem Ausbruch ist erstmal Ruhe, wir sehen also nur ganz wenig Rauch und noch weniger Lava. Kein Vergleich zur „normalen“ Aktivität in all den Monaten zuvor. Nach einer sehr kalten Nacht krabbelt Michaela um 4 Uhr morgens aus dem Schlafsack um zusammen mit der Gruppe auf den Gipfel des Acatenango zum Sonnenaufgang zu steigen. Magisch, beeindruckend, ein einmaliges Erlebnis. Peter bleibt im Schlafsack, er hat gestern noch eine „kleine“ Nachtwanderung, näher zum Fuego, zusammen mit noch ein paar anderen Verrückten unternommen. Und die nochmal 800 Höhenmeter rauf und 800 Meter runter mehr stecken ihm jetzt ganz schön in den Knochen. Trotz der nicht perfekten Bedingungen ist diese Wanderung unser absolutes Highlight in Guatemala.

Nach über 3 Wochen ist es Zeit aufzubrechen. 3 Wochen Sprachschule, 3 Wochen leckere Restaurants und Bars, 3 Wochen eine tolle Zeit mit anderen Overlandern. Und zum Schluss dann noch ein Erdbeben! Ein Zeichen?

Gegen Mittag machen wir uns auf die Socken und erleben den schlimmsten Fahrtag ever… Google dreht heute mal wieder frei und schickt uns erst über einen Feldweg und erkennt dann in einer kleineren Stadt eine Einbahnstraße nicht. So müssen wir uns adhoc für eine andere Straße entscheiden und das Drama nimmt seinen Lauf… es wird enger, es wird steiler und wir entfernen uns immer mehr von dort wo wir eigentlich hin müssen. Wir bekommen Hilfe von einer sehr netten Familie, die uns den Weg aus dem Straßengewirr zeigt. Leider müssen wir dabei eine 90 Grad Abbiegung auf eine extrem steile Straße nehmen. Der Winkel ist dermaßen ungünstig, sodass wir beide Blut und Wasser schwitzen. Aber alles geht gut und wir machen 3 Kreuze als wir zurück auf der „Hauptstraße“ sind. Diese hält dann noch ein paar weitere Schmankerl bereit, z.B. einen entgegenkommenden Laster an einer megaengen Stelle, eine Flußdurchfahrt, weil die Brücke kaputt ist (vermutlich seit Jahren schon). Zudem ist die Abfahrt zum Lake Atitlan so dermaßen steil, wie kann man denn nur solche Straßen bauen??? Und als wir dann geraume Zeit später unten am Seeufer ankommen, sehen wir: nichts. Es ist diesig, bewölkt und alle Vulkane verstecken sich. Der Ort Panajachel ist zudem auch kein Augenschmaus, folglich kann es morgen ja nur besser werden.

Und das wird es. Um 9 sitzen wir im Wassertaxi, gabeln Heinz an seinem Campingplatz auf und düsen nach San Juan. Was für ein schönes Örtchen. Wir streifen durch die farbenfrohen Gassen, kaufen Mitbringsel, trinken leckeren Kaffee und Schokolade und essen die letzten Tacos in Guatemala. Unsere innere Unruhe zuliebe machen wir uns am frühen Nachmittag auf den Rückweg zum Dicken. Wir wollen heute noch ein paar Kilometer und vor allem die steile Auffahrt zurück auf die Panamericana hinter uns bringen. Rauf geht definitiv besser als runter, aber wir sind trotzdem froh als wir es hinter uns haben. Für die Nacht parken wir in einem kleinen Naturpark und am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg zur Grenze. Und hier macht uns Guatemala den Abschied leider wirklich leicht. Für die 170 Kilometer brauchen wir 6 Stunden, die Straße ist teilweise nicht quasi vorhanden und rechts und links ist es dermaßen vermüllt, das haben wir so noch nicht gesehen. Sehr traurig. Gut, dass wir nicht über diese Seite des Landes reingefahren sind, vermutlich wären wir gleich wieder umgedreht. Um zur Grenzabfertigung zu kommen, müssen wir mitten durch ein Gewühl von Verkaufsständen fahren, sogar Schirme müssen unter großem Gelächter beiseite geräumt werden, damit wir durchpassen. Das Prozedere selbst ist an dieser Grenze allerdings sehr geordnet, wir sind hüben wie drüben die Einzigen, die Beamten sind superfreundlich und so sagen wir Adios Guatemala, wir hatten eine tolle Zeit & Hola Mexico, wir freuen uns wieder hier zu sein!

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