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never stop

Nordamerika / Mexico

Lewis & Clark

01.04. – 18.04.2022

Prolog

Im September 2019 haben wir unseren Dicken nach Nordamerika verschifft und unsere Reise auf dem amerikanischen Kontinent am Atlantik begonnen. Mehr als zweieinhalb Jahre später haben wir nun die andere Seite erreicht, wir sind am Pazifik angekommen. Damit haben wir in etwa solange gebraucht wie die Expedition um die „Entdecker“ der Westküste, Lewis & Clark, die von 1804 bis 1806 unterwegs waren um das Land bis zum westlichen Ozean zu erkunden. Nicht schlecht würden wir meinen ?

Aber alles der Reihe nach:

Wir begleiten Sandie und Karsten noch auf ihrer Probefahrt zum Test der neuen Wasserpumpe bis nach Reno und stoßen auf den erfolgreichen Einbau mit einem Gläschen Prosecco an. Am nächsten Tag trennen sich dann unsere Wege, für die beiden geht es weiter nach Norden, für uns nach Westen. Auf unserer weiteren Route liegt der Lake Tahoe, den wir entlang der hübschen Uferstraße fast ganz umrunden. Glücklicherweise ist noch absolute Vorsaison und es sind nur wenige andere Autos unterwegs. Das Verkehrschaos zur Hauptsaison wollen wir uns gar nicht ausmalen. An der Emerald Bay werfen wir ein paar Blicke auf die malerische Insel Fannette, die einzige im ganzen See. Unser eigentliches Ziel ist aber der Highway 88, auf ihm wollen wir die Sierra Nevada überqueren. Bevor wir den Paß über den Gebirgszug in Angriff nehmen, übernachten wir etwas abseits der Straße und entdecken dabei zufällig die Schutzhöhle von Snowshoe Thompson, dem ersten Briefträger der Sierra Nevada, 1856. Und dann geht´s los, die Fahrt ist atemberaubend schön. Ein Großteil des Schnees ist bereits weggetaut, die unzähligen Bergseen erwachen aus dem Winterschlaf. Die Forststraßen wurden erst vor wenigen Tagen geöffnet und so gehören wir zu den ersten Reisenden der Saison, die die schönen Plätze zum Übernachten nutzen können. Nach einer kurvenreichen Fahrt über viele Höhenmeter nach unten landen wir in Sutter Creek, einem sehr gut erhaltenen, charmanten Ort aus der Goldgräberzeit. Die Nacht verbringen wir auf dem Acorn Campground an einem Stausee. An sich ein schöner Platz, aber leider am Wochenende viel zu voll mit Großfamilien und Partyvolk. So schallt von jedem Spot eine andere Musik, die Generatoren drehen frei und man fährt die 200 Meter zum Klo mit dem Auto. Was für ein Kontrast zu unseren Stellplätzen in den letzten Wochen. Aber was solls, ist ja nur eine Nacht und wir starten ohnehin am nächsten Morgen um 6 Uhr los in Richtung San Francisco.

Die Bay Ferry bringt uns in einer Stunde direkt ins Zentrum. 2011 haben wir mehrere Tage in der Stadt verbracht und so haben wir für diesen Tag kein besonderes Ziel, wir lassen uns treiben. Aus dem Augenwinkel sehen wir ein futuristisches Gebäude mit viel Grün. Es handelt sich um den neu erbauten Busbahnhof, auf dessen Dach mit sehr viel Aufwand ein Garten installiert wurde. Durch ausgeklügelte Bewässerungssysteme und die kreative Bepflanzung vergisst man inmitten einer Großstadt zu sein. Es ist unglaublich ruhig, die Luft ist frisch und sauber, sogar Kolibris schwirren auf der Suche nach Nektar umher. Eine einhundert Meter lange Fontänenreihe bildet den Busverkehr eine Etage tiefer nach. Spannenderweise wurde im Keller des Gebäudes bereits ein U-Bahnhof errichtet, für eine U-Bahn, die es in San Francisco (noch) gar nicht gibt. Der Business- und Finanzdistrict selbst steht vor einer großen Herausforderung – sehr viele Angestellte sind seit Ausbruch der Pandemie im Homeoffice oder sogar in andere Teile des Landes gezogen, an eine Rückkehr zu alter „Mannstärke“ glaubt hier niemand mehr. Es wird spannend, was die Firmen und schlussendlich die Stadt mit den freistehenden Büroflächen anfangen wird. Unser Spaziergang führt uns noch über den Union Square (ziemlich abgerockt) und durch Chinatown (noch abgerockter und fast alles pandemiebedingt noch immer oder für immer dicht) wieder hinunter an den Hafen. Das Viertel an der Cannery Row wurde zu einer sehr ansprechenden Ausgehmeile umgestaltet, aber da es unser Lokal an der Fisherman´s Warf noch gibt, lassen wir uns dort auf ein paar Fish&Chips nieder. Die Fähre bringt uns anschließend wieder über die Bucht zurück zum Dicken. Der Katamaran schaukelt diesmal schon arg und so ist Michaela bei der anschließenden Stellplatzsuche keine große Hilfe. Die ist zugegeben im Großraum SF etwas schwierig. Dort wo wir können, wollen wir nicht und wo wir wollen, dürfen wir nicht. So wird’s der Parkplatz eines Veranstaltungszentrums direkt am vielbefahrenen Highway. Naja, nicht jeder Stellplatz ist ein Hauptgewinn.

Am nächsten Morgen sind wir schon früh unterwegs, wir wollen nun endlich an den Pazifik. Nach ein paar Kilometern im dichten Berufsverkehr biegen wir ab auf die Traumstraße an der Westküste der USA, auf den Highway No. 1. Das plötzlich kleine Sträßchen bringt uns zu unserem ersten Ziel: Stinson Beach. Und da stehen wir nun – am Pazifischen Ozean – ein tolles Gefühl endlich mal wieder am Meer zu sein. Wir packen uns dick ein, es ist ziemlich frisch und spazieren unsere ersten Kilometer am gefühlt ewig langen Strand entlang. Bereits auf dem Rückweg schälen wir uns aus unseren Klamotten, es wird warm, sogar so warm dass wir an unserem traumhaften Stellplatz an der Straße nach Fairfax nachmittags in Shorts draussen sitzen können. Wir verbringen schöne Stunden nur mit Gucken und genießen unseren 1A-Blick auf den Ozean. Am nächsten Morgen besucht uns Peter mit seinem VW-Bus, mit einer ganzen Ladung weiterer Tipps für unsere Fahrt nach Norden entlang der kalifornischen Küste. Wir folgen seinen Ratschlägen und besuchen so am Nachmittag eine Kolonie von Elephant Seals, die am Drakes Beach leben. Leider haben die Elterntiere den Platz bereits verlassen, zurück geblieben sind die Jungtiere, die nun die ersten Schritte ohne ihre Eltern machen. Sie müssen lernen die Luft anzuhalten, ihren Babyspeck loswerden und Muskulatur aufbauen um selbst auf die Jagd gehen zu können. Wir halten natürlich großen Abstand, werden aber neugierig beäugt. Die Drakes Beach befindet sich innerhalb der Point Reyes National Seashore, einem Naturschutzgebiet. Hier ziehen gerade zu dieser Zeit Grauwale, auf ihrem Weg von Mexiko nach Alaska vorbei. Leider können wir aufgrund der aufgewühlten See keine erkennen.

Die Nacht verbringen wir am sog. Elephant Rock und treffen dort auf Anika, Jo und ihre Tochter Nele. Die Wege mit den Dreien, die mit ihrem VW-MAN unterwegs sind, haben sich schon mehrmals gekreuzt, jetzt haben wir in etwa die gleiche Route. So erkunden wir in den nächsten Tagen gemeinsam die Küste. Nach einem schönen Tag an diversen Stränden und dem Besuch einer Harbor Seals Colony, die an der Mündung des Russian River lebt, finden wir einen Traumstellplatz. Eigentlich nur ein Pullout direkt an der Straße, aber der Highway 1 ist selbst tagsüber so wenig befahren, dass man den Verkehr überhaupt nicht merkt. Wir haben eine Terrasse direkt an der Steilküste und genießen atemberaubende Blicke auf den Ozean. Zudem ist das Wetter perfekt und wir können ewig draußen sitzen. Auch die nächsten beiden Tage enttäuschen uns nicht. Die Fahrt entlang des Highway 1 ist zu Recht als Highlight beschrieben. Wir flanieren durch den schönen Künstlerort Mendocino (ja, der aus dem schrecklichen Ohrwurm) und essen unfassbar leckere Croissants aus einer französischen (!) Bäckerei, sammeln Glassteinchen am Glass Beach (die Überreste einer ehemaligen Mülldeponie!!!), beobachten gewaltige Wellenbrecher am Goat Rock Beach und kegeln an der Bowling Ball Beach. Dann verlässt der Highway 1 die Küste und so tauschen wir das Übernachten am Meer gegen das Übernachten am Fluss. Für eine Nacht stellen wir uns direkt an den Eel River auf eine große Kiesbank. Für manche aus der Reisetruppe ist dann auch tatsächlich „anbaden“. Brrrrrr.

In den nächsten Tagen kämpfen wir gegen Nackenverspannungen, wir schauen nämlich dauernd nach oben. Nach oben zu den schier endlos hohen Mammutbäumen der Avenue of the Giants. Mehr als 100 Meter hoch wachsen die großartigen Redwoods in den Himmel und bis zu 2000 Jahre sind sie schon alt. Da fühlen wir uns plötzlich sehr, sehr klein und unbedeutend. Wir erleben den Regenwald tatsächlich im Regen, dies lässt den Wald aber noch großartiger erscheinen. Alles ist sagenhaft grün, mit Farnen bewachsen und überall tropft und rauscht es. Wir fahren die schmale und kurvige Howland Hill Road, unser Highlight in den Redwoods. Der Nationalpark schreibt offiziell dazu: „A dirt road where redwoods kiss your car: Howland Hill Road is suitable for drivers not afraid of dust or mud and getting very, very close to redwoods. Recreational vehicles, trucks or vehicles with trailers are too wide for this road.” Na geh, da werden wir schon durchpassen. Und… perfekt gepasst hat´s – auch wenn einige uns Entgegenkommende vielleicht dann doch etwas „afraid“ waren…

Trotz oder gerade wegen des sehr regnerischen Wetters entscheiden wir weiter an der Küste entlang nach Norden zu fahren (im Landesinneren schneit es wohl heftig und manche Straßen sind unpassierbar) und erreichen so bald Oregon. Unsere Reisebegleiter sind da kältebegeisterter und wagen die Fahrt nach Osten. So reisen wir wieder alleine und freuen uns schon auf ein Wiedersehen! Wir erkunden die schönen Strände Oregons, sofern es Regenpausen zulassen und finden mit dem Eel Creek Campground einen zauberhaften Platz in den Oregon Dunes. Das Wetter meint es gut, der Himmel reißt auf und so können wir seit langem mal wieder ein großes und vor allem wärmendes Lagerfeuer entzünden.

Leider kommt der Regen am nächsten Tag zurück und so machen wir leider nur noch Kilometer ohne viel zu sehen oder unternehmen zu können. So wettern wir ein paar Tage ab und nähern uns in großen Schritten dem Bundesstaat Washington und der Stadt Seattle, von wo wir euch im nächsten Beitrag berichten.

2 Gedanken zu „Lewis & Clark

  • Steffi

    Toller Bericht und super schöne Fotos ?

    Antwort
  • Denise

    Wow, beindruckende Landschaft. Ganz tolle Bilder! Viel Spass ?

    Antwort

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