Andalusien II – Tourihölle, Kalifen und Natur pur!
Nachdem wir uns in Granada den Bauch genug mit Tapas vollgehauen hatten, wollen wir mal wieder an die Küste – etwas Meerluft schnuppern und wärmere Temperaturen fänden wir auch nicht schlecht. Richtig mies dagegen finden wir die Tourihölle, die an der Costa del Sol auf uns wartet, bzw. eher nicht auf uns wartet, denn es ist dort proppenvoll! Bei den Campingplätzen am Meer ernten wir auf unsere Frage nach einem Plätzchen nur ein müdes Lächeln und auch die Freisteherflächen sind mit Weißware wie in einer Sardinenbüchse vollgestellt. Auf dem Campingplatz in Torrox, der 1,5 Kilometer vom Meer entfernt auf einem Hügel liegt, ergattern wir nach mehrstündiger Irrfahrt schließlich eine kleine Parzelle. Der uncharmante, zugebaute Küstenstreifen wird uns wohl nicht als besonders gut in Erinnerung bleiben.
Unser nächstes Ziel, der Naturpark El Torcal gefällt uns dann schon besser. Die Gesteinspakete dieses Gebirgsstocks sind von unterschiedlicher Konsistenz und damit Verwitterungsstufe: feinkörnige und grobkörnige Kalksteinschichten wechseln sich ab und bilden Formationen, die an gestapelte Pfannkuchen erinnern. Wählt man den längeren der beiden Rundwege ist man fast alleine unterwegs und sogar die zahlreichen Gemsen lassen sich von uns beim Chillen nicht aus der Ruhe bringen.
Den Eifer der christlichen Missionierung können wir uns dann im nahen Antequera anschauen – 23 Kirchen und Klöster in einer Kleinstadt! Die Megalithgräber, die vom kupferzeitlichen Menschen mittels gewaltiger Felsblöcke mit bis zu 180 Tonnen Gewicht errichtet worden sind, wurden erst 1905 entdeckt und bilden den bedeutendsten und am besten erhaltenen Dolmenkomplex Europas. Echt krass!
Im Paraje Natural de Ardales kommen wir dann unerwartet wieder voll auf unsere Kosten. Angelockt durch den caminto del rey, dem einstmals „gefährlichsten Wanderweg Europas“, nisten wir uns am Stausee Conde de Guadalhorce auf dem fantastischen Waldcampingplatz ein. Bereits am ersten Abend lernen wir Carolin und Mathias aus Grafing kennen. Wir verstehen uns auf Anhieb und am nächsten Tag schliessen sich unserer kleinen Reisetruppe auch noch Morag und George aus Schottland an. So verbringen wir 6 tolle Tage und Abende mit Wandern und Grillen, lauschen den Eulen, bringen unser Essen vor den im Wald ansässigen Füchsen in Sicherheit und besuchen gemeinsam die unbedingt sehenswerte Cueva de Ardales. In dieser Höhle wird aktuell noch geforscht – es wurden bereits über 1000 Höhlenmalereien entdeckt, die bis zu 35.000 Jahre alt sind. Nur bewaffnet mit Taschenlampen geht es mit einem Führer in die stockfinstere Höhle und obwohl wir von den spanischen Erklärungen kaum etwas verstehen, beeindruckt die besondere Atmosphäre sehr. Hier sind die Tropfsteine nicht die Attraktion sondern nur der Rahmen für die Höhlenmalereien!
Für die Teilnehmer unserer kleinen Reisetruppe geht es in unterschiedliche Richtungen weiter – wir entscheiden uns für eine Weiterfahrt nach Cordoba. Wir können dort direkt neben dem centro historico sehr günstig parken und stürzen uns am Nachmittag gleich ins Getümmel. Am Abend lassen wir uns dann nochmal durch die schön beleuchtete Stadt treiben bevor wir am nächsten Morgen zeitig, bei 0 Grad Aussentemperatur aus dem Bett krabbeln. Denn was kaum einer weiß: morgens ab 08.30 Uhr kann man die Mezquita, Peters Highlight in Andalusien, kostenlos besuchen. Zwar hat man dann nur eine knappe Stunde Zeit, aber die nur wenigen Besucher verteilen sich in der großen Anlage sodass man in Ruhe staunen und fotographieren kann. Die Mezquita – gebaut für bis zu 20.000 Gläubige – war zur Zeit des Kalifats der Großen Moschee von Mekka als Pilgerzentrum des westlichen Mittelmeerraums ebenbürtig, bevor die Christen nach der Rückeroberung den Bau mit einer mitten hinein gebauten Kathedrale verstümmelten. Erst wenn man sich den Größenvergleich dieser beiden Bauwerke vergegenwärtigt wird einem die Dimension der außen recht schlicht gehaltenen Mezquita bewusst. Unbedingt einen Besuch wert!
Am Nachmittag hat es dann auch Carolin und Mathias noch nach Cordoba verschlagen und so verbringen wir mit den Beiden noch einige schöne Stunden in der Stadt.
Am nächsten Morgen erkunden wir 4 die nahe gelegenen Ruinen der Palaststadt Madinat al-Zahra des Kalifen Abd ar-Rahman III. Durch das schön gestaltete Museum und einen sehr nett gemachten Animationsfilm fühlt man sich in den Ruinen fast wie in 1000 und einer Nacht. Prädikat: unbedingt empfehlenswert und für EU-Bürger obendrein kostenlos!
In der Hoffnung auf einen gnädigen Wanderwettergott fahren wir anschließend nochmal in den Ardales Park zurück. Wir haben noch eine Gipfelrechnung offen: Der knapp 1.200 Meter hohe Huma wart auf uns, seine Besteiger… leider wartet er immer noch – Petrus hat wohl besseres zu tun.
Und da Petrus wohl ständig irgendwas anderes tut und mit Regen für die Iberische Halbinsel gewaltig im Rückstand ist, hat er sich entschieden alles auf einmal nachzuholen und so heißt es für uns zum ersten Mal auf unserer Reise: Abwettern – das machen wir in Ronda…
Immer wieder spannend Eure Berichte zu lesen. Viele liebe Grüsse von daheim.?