Tacos, Topes & Tequila
16.01.2023 – 13.02.2023
Die Fährüberfahrt ist sehr angenehm, wir können sogar richtig gut schlafen. Gegen halb 10 Uhr morgens landen wir in Mazatlan. Das Entladen der Fähre ist glücklicherweise viel zügiger, auch wenn es etwas dauert das Knäuel um uns herum aufzulösen. Eine gute Stunde später fahren wir vom Schiff und auch direkt raus aus der Stadt. Wir biegen ab auf die Mautstraße in Richtung Durango, die uns hinauf in die Sierra Madre Occidential bringt. Die Strecke ist unglaublich schön und vor allem sehr beeindruckend gebaut. Mit vielen Tunneln und Brücken wurde sie in die Berge gezimmert. Wir überqueren die Punta Baluarte, die mit 402 Metern derzeit höchste Brücke in den Amerikas. Erst denken wir noch „Mist, ein Stau auf der Brücke“ aber dann wird klar, dass nur unzählige Mexikaner einfach auf der Straße angehalten haben, um Fotos zu schießen. Joa, kann man so machen… Unser Ziel ist für heute der Parque de Pyramid, ein privater Naturpark auf 2700 Metern Höhe. Wir sind die einzigen Besucher und parken den Dicken im Pinienwald. Was für ein Kontrast zu den vielen Wochen an den Stränden der Baja. Die Luft ist frisch und vor allem dünn, das merken wir als wir am späten Nachmittag noch einen kurzen Spaziergang auf die „Pyramide“ – einen den Wald überragenden Monoliten machen. Am nächsten Morgen sind wir früh aus den Federn und in den Wanderschuhen. Wir laufen ein paar Kilometer und einige mehr Höhenmeter in dieser herrlichen Umgebung. Da wir die letzten Wochen ausschließlich auf Meereshöhe verbracht haben, müssen wir ganz schön schnaufen. Aber es tut gut – die kühle Luft, die schon wärmenden Sonnenstrahlen. Wir können kaum glauben, dass wir wirklich in Mexiko sind, alles erinnert uns sehr an den Pfälzer Wald.
In Durango, der Hauptstadt des gleichnamigen Staates, fahren wir zum Balneario San Juan. Ein Freibad mit Thermalbecken, dort kann man auch campen. Nach einer ruhigen Nacht und einem frühmorgendlichen Bad im heißen Wasser buchen wir ein Uber in die Innenstadt. Durango hat ein sehr herausgeputztes Zentrum, mit einer hübschen Flaniermeile und sehr viel Grün. Wir finden ein tolles Restaurant und schlemmen regionale Küche. Wir werfen noch einen Blick in ein paar Seitenstraßen und stellen wieder mal fest, wie gut es uns eigentlich geht. Das Gefälle zwischen Arm und Reich ist auch hier in Mexiko riesig, die unzähligen, teilweise wirklich alten Menschen die sich hier noch als Schuhputzer, Windschutzscheibenreiniger oder Ballonverkäufer verdingen müssen, ist groß.
Wir sind zurück in der Sierra Madre, zurück auf 2600 Meter, diesmal geht es in den Parque Natural Mexiquillo. Wir suchen uns ein verstecktes Plätzchen im Jardin de Piedra, dem Felsengarten, fern der staubigen Pisten die kreuz und quer hierdurch führen. Ein Offroadparadies für die Mexikaner, die Landschaft ist grandios. Wir bleiben 3 Tage und genießen die Einsamkeit. Am Samstag, pünktlich zum Wochenende, machen wir uns aber vom Acker – die Wochenendtouristen fallen ein und wir hören in der Ferne etliche Quads und anderes Spielzeug. Zurück in Richtung Küste nehmen wir jetzt die „Libre“, die mautfreie Straße die sich in unendlich vielen Kurven zurück auf Meereshöhe windet und uns tolle Ausblicke auf die unzähligen Canyons und Gipfel bietet. Als wir über die Grenze vom Bundesstaat Durango zurück nach Sinaloa kommen, sehen wir die Überreste der Straßenblockaden von vor 2 Wochen. Ausgebrannte LKWs und Trailer, die Militärpräsenz ist erheblich. Hier wird uns das erste Mal vor Augen geführt, mit welcher Manpower und vor allem Gunpower die Kartelle ausgestattet sein müssen. Wir lassen daher Sinaloa zügig hinter uns und reisen in den nächsten Bundesstaat, Nayarit ein. In der Großstadt Tepic gibt es einen ruhigen, schattigen Campingplatz, auf dem wir zwei Nächte bleiben und die nähere Umgebung erkunden. Wir probieren das erste Mal „Birria“, das ist vergleichbar mit einem Fleischeintopf bei uns, nur dass das Fleisch anschließend erstmal in einen Tortilla gepackt und dann in die Brühe eingetaucht wird. Lecker.
Es geht zurück auf die Mautstraße, wir nutzen die gut ausgebauten, autobahnähnlichen Verbindungsstraßen wann immer es geht. Die meisten der alternativen Verbindungen sind meist länger und verfügen über ein entscheidendes Detail, das uns in den kommenden Wochen die Freude am Fahren noch arg verderben wird: Topes. Das sind in die Straße, oder besser auf die Straße gebaute Geschwindigkeitsbegrenzer, meistens Asphaltbuckel, die ein Abbremsen auf fast 0 erfordern. Eine Freude für die Kupplungs-, Stoßdämpfer und Bremsenindustrie, ein Ärgernis für alle anderen. So zahlen wir lieber ein paar Euro um komfortabel und vor allem ohne die Belastung für uns und den Dicken ans Ziel zu kommen. Und weil wir schon dabei sind geht es auch gleich in den nächsten Bundesstaat, nach Jalisco. Dort werfen wir den Anker in Tequila, ein perfekter Stellplatz wird uns von José, dem Inhaber der Destiladora Puntual, zur Verfügung gestellt. José betreibt die Tequila-Destille in vierter Generation und gibt uns eine Führung über seine Agavenfelder und in die heiligen Hallen der Brennerei. Nur wenn der Schnapps aus Agaven, die im Bundestaat Jalisco geerntet wurden, hergestellt wird, darf er sich Tequila nennen. Zusammen mit Julie & Marcus, die wir hier wieder treffen, erkunden wir noch das Dorf und probieren den ein oder anderen Cocktail. Dort sehen wir auch zufällig eine Aufführung der „Voladores“ https://de.wikipedia.org/wiki/Danza_del_Volador .Besonders bei Jose Cuervo, einer Großdestille mitten im Zentrum, ist das Pueblo Magico Tequila besonders sehenswert. Die alten Gebäude wurden liebevoll restauriert und sind mit der üppigen Bepflanzung eine Augenweide.
Wir verabschieden uns wieder von Julie & Marcus und fahren raus in die Natur. Nach nur 40 Kilometern, die letzten 5 rumpelige Piste, sind wir da, am heißen Fluß. Nach einem netten Empfang dürfen wir uns entlang des Flussbettes einen Platz aussuchen, je weiter oben, desto wärmer ist das Wasser. 2 Kilometer lang ist das Teilstück, das man bebaden kann. Wir finden einen tollen Platz direkt am Wasser, es sind nur vereinzelt andere Besucher zu sehen. Und das Wasser ist tatsächlich warm, zwar nicht heiß, aber das ist auch gut so, hats doch 30 Grad Aussentemperatur. So sitzen wir mitten im Fluß, einziger Nachteil ist die Strömung, da muss man schon ein bisschen gegensteuern. Und ein paar vorwitzige kleine Fische, die uns anstupsen und auch anknabbern…Geben halb sieben kommt der Securityguide vorbei, checkt ob alles ok ist und wünscht uns eine gute Nacht. Wir sind alleine hier. Toll!
Dann kommt leider wieder das Wochenende, wir verlassen unser bis dahin ruhiges Plätzchen am Fluss, denn bereits morgens tummeln sich plötzlich eine Menge Menschen hier. Das ist etwas das „Dilemma“ in Mexiko, am Wochenende wird es an den Ausflugszielen immer proppevoll. Wir lassen die wohl auch sehenswerte Großstadt Guadelajara rechts liegen und fahren direkt an den Lake Chapala. Der größte See Mexikos ist ein beliebtes Ziel für nordamerikanische Snowbirds und Auswanderer, entsprechend ist die Infrastruktur und die Dichte an englischsprechenden Menschen. Trotzdem gefällt uns das Örtchen Ajiic ziemlich gut. Überall läuft Musik, es wird getanzt auf den Plätzen, es gibt nette Läden und Restaurants. Hübsche Häuserfassaden und einen kleinen Handwerkermarkt. Wir kaufen hausgemachte Himbeermarmalade und essen an einem Straßenstand unter Bäumen sehr leckere und darüberhinaus sehr günstige Tacos. 4 Euro für ein reichhaltiges Mittagessen, frisch zubereitet. Nach so vielen Ortswechseln in den letzten Wochen ist uns mal wieder nach Beständigkeit – so fahren wir zu Charly nach Santa Elena. Charly ist vor 35 Jahren von der Schweiz nach Mexiko ausgewandert und betreibt ein Lokal mit schweizer Küche und einen kleinen Campground. Die Stimmung ist sehr herzlich, auch andere Reisende sind hier und wir versumpfen gleich am ersten Abend am Stammtisch bei Cordon Bleu und gutem Bier. Wir bleiben schlussendlich eine Woche und bekommen das First Class Touriprogramm. Charly hat Zeit und so gehen wir beim Einheimischen-Hotspot essen, fahren zu einer Käserei (sehr, sehr lecker – hier wird Käse nach schweizer-italienischer Art hergestellt), kaufen handgerührten Joghurt und gehen um 10 Uhr morgens Ziegenfleischeintopf essen. Dazwischen kümmern wir uns auch um den Dicken, tauschen die Reifen mal wieder durch und ziehen lose gewordene Schrauben nach. Zur Abkühlung hüpfen wir in den (eiskalten) Pool und lassen uns schweizer Küche und hausgebackenes Brot schmecken. Die Atmosphäre ist entspannt, auch wenn von dem ein oder anderen Gast zu viel getrunken und zu viel Blödsinn gequatscht wird.
Nach der schönen Zeit geht´s dann aber mal wieder weiter. Bergauf, bergab, viel Landwirtschaft, kleine Dörfer, alle sind am Sonntag auf der Straße. Die Stimmung ist gut, die Kurverei macht Spaß, es gibt nur wenig Topes. Wir sind mittlerweile in Michoacan, der Staat ist nicht gerade berühmt für einen kontrollierten Umgang mit den Kartellen. Dementsprechend viel Militär ist auf der Straße und es gibt auch die ein oder andere Kontrolle. An uns sind sie die Soldaten und Polizisten aber nicht interessiert, es wird nur freundlich gegrüßt und gewunken. Das letzte Dorf, und damit der Weg zu unserem Stellplatz hat es in sich. Denn auch hier ist sonntagsbedingt viel los und die Straßen nicht gerade breit. Aber alles geht natürlich gut und so parkieren wir ein am Touristenzentrum in Angahuán. Unser nächster Tag ist großartig, aber auch vollgepackt, das sind wir gar nicht mehr gewohnt. Wir sind bereits um halb 9 auf den Beinen und auf dem Weg zu den Ruinen der Kirche San Juan Parangaricutiro. Diese wurde 1943 durch einen quasi über Nacht neu entstandenen Vulkan, der auch prompt ausgebrochen ist, verschüttet. Das Dorf drumherum wurde komplett zerstört, von der Kirche blieben Teile erhalten. Wir klettern einige Zeit durch die Überreste und drehen noch eine große Runde durchs Lavafeld. 10 Kilometer später stehen wir wieder beim Dicken. Der Tag ist noch jung und wir beschließen noch weiter zu fahren. Nächster Stop Patzcuaro. Eigentlich nur 100 Kilometer, aber die Straße führt durch Uruapan, eine Stadt mit 300Tausend Einwohnern und dementsprechendem Verkehr. Das dauert also. Um halb 4 parkieren wir uns in den Garten des Hotels Villa, welch eine schöne Oase. Und weil der Tag immer noch jung ist laufen wir die 3 Kilometer ins Stadtzentrum. Auch ein Pueblo Magico – aber echt mexikanisch, null touristisch und sehr ursprünglich. Dabei sehr sauber und wunderschön. Wir schlendern über den Markt und die Plaza Chica, bevor wir uns unter den Bögen der Plaza Grande in einem Restaurant niederlassen. Mit vollem Bauch geht´s zurück zum Camping – knapp 25 Kilometer zeigt die Uhr am Ende des Tages! Wir verbringen einen weiteren Tag in Patzcuaro, legen dann einen Einkaufsstopp in Morelia ein und schrauben uns danach über viele Serpentinen auf 2700 Meter. Das Navi muss heute dauerüberwacht werden, will es uns doch mehrfach über Klein- und Kleinststraßen schicken. Ist ja vielleicht ganz nett mit einem Fiat Panda, aber bestimmt nicht mit dem Dicken. Das Gebiet um die Laguna Larga ist geothermal, einige kleinere Kraftwerke nutzen das heiße Wasser. Wir finden am Campo Turistico einen ganz netten Platz für die Nacht, das Wasser in den Badebecken ist aber leider nur lauwarm. Zu kühl für die Umgebungstemperaturen in dieser Höhe.
Von den Topes haben wir euch ja schon erzählt – der heutige Fahrtag toppt im wahrsten Sinne des Wortes aber alles. Wir brauchen für 30 Kilometer, auf eigentlich ziemlich guter Straße weiter hinauf in die Berge fast 2 Stunden. Die Topes sind heute an 99% der Stellen wieder völlig unnötig, oftmals handgezimmert (was war zuerst da: der Tope oder der Verkaufsstand?), mal mit Hinweisschild, mal ohne, mal bunt angemalt (Danke!), mal im Schatten, nicht zu erkennen. Nach viel Gefluche und Geschimpfe kommen wir trotzdem irgendwann an, im Butterfly Sanctuary. Wir können auf einer großen Lichtung am Rande des Schutzgebiets auf 3200 Metern Höhe parken und später auch übernachten. Wir wandern gleich los, weiter hinauf auf den Berg, zu ein paar Bäumen an einem steilen Hang, an dem Abermillionen Monarchfalter überwintern. Die Schmetterlinge reisen zu 4 ausgewählten Plätzen in Mexiko jeden Herbst aus den USA und Kanada an. Tausende Kilometer, teilweise hin und zurück. Was für eine Leistung. Auch wenn wir etwas Pech haben, denn es ist ziemlich bewölkt, ist es ein eindrucksvolles Schauspiel. In dicken Trauben hängen die Falter zusammen und beginnen zu fliegen, wenn die Sonne sie genug erwärmt hat. Dann flattert es überall um uns herum – großartig. Auch am nächsten Tag nutzen wir die Mittagszeit und einige Wolkenlücken. Das Geflatter ist noch intensiver als gestern und die Geräuschkulisse der Flügelschläge ist sehr beeindruckend.
Unser bisheriges Fazit zu Mexiko: Wow! Uns begeistert vor allem die Abwechslung aus Natur, tollen Kolonialstädten und Kultur. Dazu das leckere Essen und die sehr freundlichen, aufgeschlossenen Menschen. Mexiko ist ein wunderbares Reiseland und alle Vorurteile und negativen Geschichten, mit denen wir vor allem in den USA immer wieder konfrontiert wurden, haben sich nicht im Ansatz bestätigt.
Die weitere Routenplanung ist allerdings nicht so einfach, es gibt unglaublich viel zu sehen und zu tun. Da wir im Juni nach Hause fliegen werden, heben wir uns die Staaten Guanajuato und Queretaro für später auf und beschließen ein paar Großstadttage einzulegen. Es geht nach Mexico City – aber mehr dazu im nächsten Bericht!
Liebe Weltenbummler
Danke für den Bericht, hatten keine Vorstellung wie schön Mexiko ist.
Und wie 😀
servus, wie immer tolle Bilder und spannender Bericht.
oiss guade weida.
da Pa
Lieber Papa, wie immer vielen lieben Dank fürs Lesen und Mitreisen 🙂
Hallo Ihr Lieben,
wieder ein sehr schöner Bericht und man spürt, daß es Euch in México richtig gut geht!
Liebe Grüße
S&K
Liebe ,Michaela, lieber Peter
als Pfälzer freut es mich sehr, dass ihr das Pläzerwaldgefühl auch in Mexico verspürt. Das ist großartig!
Habt weiterhin viele schöne Tage und Wochen in diesem schönen Land! Viel Vergnügen und gute Zeit! Bleibt vorsichtig. vielen Dank für den tollen und wieder sehr informativen Bericht. Einfach klasse!!!
Liebe Grüße aus Baden-Baden, auch von Brigitte, euer Uli
Hallo liebe Brigitte, lieber Uli, der Pfälzer Wald lässt uns einfach nicht los 😉
Vielen lieben Dank & Ihr habt natürlich Recht! Wie immer! Hoffentlich bis bald :-*