Finnland – ein heißer Ritt über den Polarkreis
05.07.2018 – 23.07.2018
Dem Gabelflug sei Dank kommt Dieter mit nach Helsinki und so kann unser Dicker das erste Mal einen Fahrgast auf den hinteren Bänken in der Kabine begrüßen. Wir dürfen über eine steile Rampe das Oberdeck der Schnellfähre erklimmen und laufen dank Bodenfreiheit keine Gefahr aufzusetzen. Mancher Weißware vor uns ergeht es da dank ellenlanger Überhänge schon anders – manchmal fragen wir uns schon wie diese Dinger konstruiert sind. Der „Daumen hoch“ des Einweisers, den wir bekommen, weil wir direkt und ohne meterlangem Abstand, mit der Schnauze an unserem Vorder-LKW parken, freut uns. Er freut sich wahrscheinlich noch mehr, muss er doch seine Arme schon intensiv genug fürs Dirigieren unserer Mitfährer einsetzen. Nach 2 Stunden schippern über die glatte See sind wir dann auch schon in Helsinki gelandet. Und wenn schon chauffieren dann richtig – so fahren wir auf dem Weg zum Campingplatz einmal mitten durch die Stadt und begutachten die ersten Sehenswürdigkeiten aus erhobener Position. In den nächsten Tagen bringt uns die Metro in 25 Minuten mitten rein ins Geschehen. Helsinki ist eine lebendige, moderne Großstadt direkt am Meer mit einem vorgelagerten Archipel aus 330 Inseln. Dank der vielen Kreuzfahrer erlebt die Stadt gerade einen Besucherboom und wir suchen uns für unsere Spaziergänge eher die entlegeneren Stellen aus. So bekommen wir einen weiteren, anderen Eindruck auf die Stadt geboten. Aus all den bekannten Sehenswürdigkeiten sticht für uns die Felsenkirche Temppeliaukio als sehr aussergewöhnlich heraus: Kreisrund in Granit gehauen und lichtdurchflutet. Ihre besondere Atmosphäre lässt uns 3 lange still und andächtig sitzen.
Nach 4 Tagen in Helsinki und nach nicht mal einer Woche des gemeinsamen Reisens heißt es für uns schon wieder Abschied nehmen von Dieter – sein Kurzurlaub ist leider zu Ende. Das müssen wir an anderer Stelle unbedingt wiederholen!
Nach so vielen Tagen citylife steht uns wieder mal der Sinn nach Abwechslung und so suchen wir uns eine Route aus den vielen Vorschlägen der Nationalparkverwaltung aus. Da wir für Finnland keinen passenden Reiseführer dabei haben, orientieren wir uns mit Hilfe der Internetseite nationalparks.fi Hier finden wir Übersichtskarten und viele Infos zu den einzelnen Parks. In den nächsten beiden Wochen fahren wir also etwa in der Mitte Finnlands immer nach Norden. Die Parks sind genial und ein Eldorado für Outdoorfans. Daher wundern wir uns, dass wir auf den praktisch und schön gelegenen Parkplätzen meist alleine sind. Wir teilen uns die Plätze nur mit den zurückgelassenen Autos der einheimischen Zelter, die irgendwo im Park ihr Lager aufgeschlagen haben. Erst später finden wir heraus, dass viele Wohnmobilfahrer Finnland nur als „einen Weg zum Nordkap“sehen und daher auf der Küstenstraße zügig gen Norden brausen. Uns freuts, denn so können wir die tollen Wanderwege und die schönen Badeplätze ausnutzen ohne ständig auf andere Menschen zu treffen. Und so tun wir in diesen Tagen auch nichts „Aufregenderes“ als wandern, baden und unser Leben genießen. Abgesehen natürlich vom kleinen Malheur unseres Dicken, das uns etwas beschäftigt Link zum letzten Bericht
Was uns bei den vielen Stunden in der Natur hier in Finnland besonders auffällt, sind die intensiven Farben. Es wirkt fast so, als ob die Finnen beim Ausmalen ihrer Landschaft eine andere, kräftigere Farbpalette benutzen dürfen. Gerade die Grün- und Blau-, aber auch die Brauntöne wirken auf uns viel satter und strahlender.
Seit wir in Helsinki aufgebrochen sind, wird es von Tag zu Tag immer wärmer. Eigentlich dachten wir, je weiter wir nach Norden kommen, desto kühler wird es – aber weit gefehlt – am bislang heißesten Tag, am 19.07.2018, überqueren wir bei 35 (!) Grad im Schatten den Polarkreis. Mit dem Weihnachtsmann, der in Napapiiri das ganze Jahr über die Stellung hält, möchten wir jetzt nicht tauschen. Da es zur Hitze auch sehr trocken ist, herrscht aufgrund der Waldbrandgefahr ein striktes Lagerfeuerverbot. Und daher bleiben die vielen schönen Plätzchen, die wir auf unseren Wanderungen finden, von uns ungenutzt. Priorität auf unserer Stellplatzsuche hat mittlerweile nur noch die Lage an einem See, in den wir auch unmittelbar nach Ankunft springen. Auf Schwimmbewegungen verzichten wir dabei aber weitgehend, bei 25 Grad Wassertemperatur stellt sich sonst überhaupt keine Abkühlung ein. Oft planschen wir noch spätbends eine Runde im Wasser – die Sonne geht nachwievor nicht wirklich unter und die Nächte sind tropisch. Einen Vorteil hat dieses Klima allerdings – „leider“ ist es den Mücken zu trocken und daher bleiben wir weitgehend verschont von den Plagegeistern. Richtig nervig sind nur von Zeit zu Zeit die unterschiedlichen Gattungen der Bremsen, die es hier gibt – denn alle diese Viecher beissen, und das echt schmerzhaft.
Im letzten Nationalpark, den wir ansteuern, dem Pyhä-Luosto, kommt es dann endlich auch zu vielen Begegnungen mit den für Lappland so typischen Rentieren. Mal schauen sie zum Frühstück vorbei, oder wir treffen sie vorm Supermarkt oder einfach direkt auf der Straße 🙂
In den letzten Tagen in Finnland brüten wir viele Stunden über unserer weiteren Reiseroute. Hatten wir eigentlich unseren geplanten Abstecher zu den Lofoten schon vor einiger Zeit verworfen, kommt er nun doch nochmal auf den Tisch. Der Grund ist leider nicht schön: in Schweden, an dessen Küste wir mit unserer Ostseeumrundung weiter machen wollten, wüten aufgrund der dort ebenfalls hohen Temperaturen und der seit Monaten anhaltenden Trockenheit dutzende, verheerende Waldbrände. Wir verfolgen die Berichterstattung und die Warnmeldungen in den schwedischen Medien und erfahren so auch von der größten Hilfsaktion innerhalb der EU. Feuerwehren aus vielen, waldbranderprobten Ländern eilen nach Schweden, um zu Helfen und die Lage entspannt sich wieder etwas.
Schlussendlich entscheiden wir uns für unsere ursprüngliche Planung und damit weiter entlang der Ostseeküste zu fahren. Falls wir feststellen, dass wir in Schweden als Touristen momentan nicht zu brauchen sind oder wir uns nicht wohlfühlen, werden wir Gas geben und das Land zügig nach Süden hin wieder verlassen.
Unsere genaue Route könnt ihr übrigens hier verfolgen: Ostseeumrundung
Hi liebe Michaela und Peter, vielen Dank für den Finnlandbericht. Unglaublich diese Hitze. Als wir vor Jahren die Tour über das Nikolausdorf in den Norden nach Berlevag und weiter zu den Lofoten gemacht haben, war es leider etwas sehr kühl. Kein einziger Badetag.
Falls ihr noch in Finnland seid, wollte ich euch nochmals die Amnetyst-Mine ans Herzen legen. Adresse: Pyhä-Luoston kansallispuisto, 98530 Pelkosenniemi. War einfach toll nach einer Wanderung nach den Steinchen suchen zu können. Von dort oben auch prima Aussicht in die Landschaft. Schade, dass es mit den Lofoten bei euch nicht klappt. Lofoten bei diesem Wetter muss ein Traum sein; wie Karibik, nur ohne Palmen! Übrigens haben wir auf der Rückfahrt vom Baltikum an der polnischen Ostsee keinen einzigen Bernstein gefunden. Da habt ihr wirklich mehr Glück gehabt! Weiterhin GUTE REISE! Uli und Brigitte aus Baden-Baden
Liebe Brigitte, lieber Uli, vielen Dank fürs Mitreisen! Für die Lofoten war uns die Zeit dann doch zu knapp – wir werden im nächsten Jahr einen neuen Anlauf machen.
Die Mine war der Endpunkt einer schönen Wanderung. Gerade rechtzeitig konnten wir uns dort vor einem heftigen Gewitter unterstellen. Da wir die Dachluken offen und zudem unsere vom Vortag nassen Wanderschuhe auf dem Führerhaus zum Trocknen platziert hatten, haben wir die Mine Mine sein lassen 🙂
Liebe Grüße aus Schweden, Michaela und Peter