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never stop

Nordamerika / Mexico

Blau in allen Farben

12.03. – 03.04.2023

Nach den schönen Tagen in Oaxaca ist es mal wieder Zeit sich auf den Weg zu machen. Über viele, viele Serpentinen, durch hübsche kleine Dörfer und entlang endloser Agavenfelder fahren wir von knapp 2000 Metern Höhe runter auf 0. Mit jedem Meter steigen die Temperaturen bis wir schließlich in der Großstadt Tuxtla Gutiérrez bei 38 Grad in feuchtwarmer Luft ankommen. Puh.

Wir schieben uns durch den dichten Stadtverkehr und mitten durch einen Sonntagsmarkt um im Naturpark Canon de Sumidero einen Blick hinunter auf den Fluss Sumidero zu werfen, der sich über Jahrtausende tief in den Sandstein gearbeitet hat. Die Steilwände sind bis zu 1000 Meter hoch, der Fluss leider selbst von hier oben mehr als unansehnlich. Schwaden von Müll treiben auf der Oberfläche, mitten durch fahren die Ausflugsboote. Sehr schade. Mitten auf der engen Straße, die die Aussichtspunkte miteinander verbindet, treffen wir ein holländisches Overlanderpärchen mit ihrem VW Bus – nix geht mehr, eine Antriebswelle knirscht fies. Wir ziehen die beiden ganz langsam von der Straße in eine Ausweichbucht. Da es hier im Park keinen Handyempfang gibt, fahren wir zurück zum Eingangstor. Die Polizei, die hier Wache schiebt, kümmert sich ganz selbstverständlich um einen Abschlepper. Wir erhalten zudem das Ok direkt vor dem Tor zu übernachten, und so  verbringen wir die vermutlich sicherste Nacht auf unserer bisherigen Reise. Die Beamten unterbrechen „großzügig“ ihre Streife und bleiben die ganze Nacht zu Fünft neben uns stehen. Win-Win für alle Beteiligten – oder doch nicht? Zumindest kommen wir in den Genuß unzähliger Youtube Videos und Seilsprüngen nachts um Vier!

So fallen wir auch schon um 6 Uhr aus dem Bett und starten die Motoren. Wir schrauben uns wieder die Berge hoch, jetzt wird es mit jedem Meter kühler – herrlich. Auf 2300 Metern Höhe stellen wir uns auf einen netten Campingplatz in der Kolonialstadt San Cristobal de las Casas, die magischste aller magischen Städte, zumindest wenn man dem mexikanischen Tourismusverband Glauben schenkt.  Wir können zu Fuß ins Stadtzentrum laufen, welches wirklich sehr schön ist. Voller Restaurants, Kneipen und den natürlich unvermeidlichen Chinakracher-Souvenirständen. Aber auch viele Indigene aus den umliegenden Bergdörfern, vor allem Frauen, verkaufen ihre Handwerkskunst auf den Straßen. Viele Expats, vornehmlich aus den USA haben sich hier niedergelassen. Daher wird eher untypisch für Mexico, auch viel Englisch gesprochen. Überhaupt sehen wir hier so viele Touristen wie vorher nirgends, es freut uns für die Stadt und ihre Bewohner, endlich kommt wieder Geld in die Kassen.

Als wir nach ein paar Tagen aufbrechen ahnen wir noch nicht wie schnell wir wieder zurück sein werden. Nach etwa einer Stunde Fahrzeit stehen wir vor einer Straßenblockade in einer kleinen Stadt. Nach etwas Palaver dürfen wir zwar passieren, doch zu früh gefreut. Kurz hinter der Stadt geht dann nichts mehr. 2 große LKWs stehen quer auf der Straße, eine große Gruppe Protestierer hat sich auf unbestimmte Zeit hier eingerichtet. Gerade im Bundesstaat Chiapas, in dem wir uns seit Tuxtla befinden, sind Straßenblockaden ein oft genutztes Mittel der Bevölkerung um Gehör bei der Regierung zu finden. Im jetzigen Fall geht es um die Absetzung einer Regionalbürgermeisterin, der Korruption im Amt zur Last gelegt wird. Nach einem kurzen Gespräch ist klar, hier geht es für uns nicht mehr weiter. Also zurück auf Los, zurück nach San Cristobal. Über eine Facebookgruppe halten wir uns auf dem Laufenden, aber schnell wird klar, dass es dort auch in den nächsten Tagen kein Durchkommen geben wird. Daher bleibt uns nichts anderes übrig als die „Umfahrung“ zu nehmen, zurück nach Tuxtla, etwa 200 Kilometer mehr. So kommen wir erst zwei Tage später an den Cascadas El Chiflon an. That´s travelling in México!

Die Wasserfälle sind aber jeden Mehrkilometer wert und traumhaft schön, türkisfarbenes Wasser stürzt sich über mehrere Ebenen in die Tiefe und bildet dabei herrliche Badepools. Auch wir gehen schwimmen und freuen uns über die sehr willkommene Abkühlung. Für kleines Geld verbringen wir eine sehr ruhige die Nacht auf dem Parkplatz. Die Cascadas sind das erste Highlight auf der Routa 307, die uns in den nächsten Tagen nahe der gualtemaltekischen Grenze entlangführt.

Über Comitan fahren wir zu den Lagunas de Montibello, ein großes Seengebiet. Das Wasser der Seen hat unterschiedliche Farben, es gibt alle Schattierungen von tiefblau bis hellgrün. Die Wanderung El Perol führt uns durch dschungelartigen Wald, es sieht aus als wäre grüne Farbe explodiert. Nach ein paar Kilometern erwartet uns das kühle Nass eines glasklaren Sees, herrlich. Für die Nacht steuern wir einen anderen See, nur ein paar Kilometer weiter an. Es geht recht eng durch den Wald aber dann liegt es vor uns, ein Panoramaplätzchen direkt am Ufer. Gegen Abend kommen noch ein paar Locals zum Schwimmen vorbei, ansonsten ist niemand hier. Als es dunkel wird werden Kindheitserinnerungen wach, hier gibt es unzählige Glühwürmchen!

Der Weg nach Las Nubes, dem nächsten türkisblauen Wasserfall ist mühsam. Die Straße ist schlecht und speziell die letzten 11 Kilometer verlangen dem Dicken (und Peter) einiges ab. Wir verlassen zudem die angenehme Höhe und die Luftfeuchte steigt. Messbar an den vielen Kringeln in Michaelas Haaren. Wir finden ein schattiges Plätzchen auf einer großen Wiese, links Dschungel, rechts der blaue Fluss, mit ein paar Privatpools nur für uns. Für den Zugang zu den Wasserfällen bezahlen wir eine kleine Gebühr. Wow – was für ein tolles Fleckchen, aber auch spannend, denn der Fluss verschwindet an mindestens 2 Stellen mit Strudeln und Getöse im Untergrund und der Schwimmbereich, in dem sich viele Mexikaner und viele Kinder tummeln, ist lediglich mit einem lose gespannten Seil „gesichert“.

In Las Guayacamas sind wir dann endgültig im Dschungel angekommen. Wir müssen uns mal kneifen, denn wir fühlen uns wie im Zoo. In den Bäumen neben uns sind Affen, die Spider Monkeys hangeln sich von Ast zu Ast auf der Suche nach frischen Trieben. Über unseren Köpfen fliegt ein Ara-Pärchen, die knallrote Färbung lässt sich selbst auf diese Entfernung gut erkennen. Vom Flussufer halten wir uns fern, da sind Krokodile drin. Und dann kriegen wir Gänsehaut, was ist das denn für ein Geräusch? Klingt wie Jurassic Park – aber es sind Brüllaffen, deren irre lautes Geschrei (bis zu 140dB) vom dichten Urwald auf der anderen Flusseite zu uns dringt. Der Stellplatz inmitten von Palmen und Bananenbäumen ist sehr schön und wird von einer sehr freundlichen Familie geführt. Das dazugehörige Dorf ist sehr gepflegt, und das obwohl man erkennt, dass die Menschen hier, soweit ab vom Schuß, nicht viel zum Leben haben und daher eigentlich andere Sorgen. Den ganzen Nachmittag verbringen wir staunend im Garten bis uns ein heftiger Regenschauer nach drinnen vertreibt. Wobei Regen oder nicht, bei 90% Luftfeuchtigkeit ist eigentlich ziemlich egal warum wir nass sind. Sogar unsere Chips zum Sundowner sind innerhalb kürzester Zeit labbrig.

Unsere Reise führt uns weiter entlang der 307, bis nach Frontera Corazal. Hier in Grenznähe gibt es mehrere Militärkontrollen, bei allen werden wir aber etwas lustlos weitergewinkt. Am Eingang eines größeren Dorfes kommt uns die Kontrolle allerdings komisch vor. Nicht ganz so offiziell aussehende Typen filzen mehrere Autos, da sie alle so beschäftigt sind weicht Peter auf die Bankette aus und umfährt das Ganze. Keiner interessiert sich für uns, gut gegangen, also schnell weiter. Beim Bootsanleger in Corazal können wir für die Nacht bleiben und treffen dort auch wieder auf eine Familie aus Quebec. Wir haben uns verabredet um uns morgen früh eine Lancha und damit die Kosten für den Transport zur Besichtigung einer Mayaruine zu teilen. So stehen wir um 7 Uhr morgens zu Acht auf der Matte, einigen uns mit der Cooperative auf den Preis für ein Boot und schon geht es hinaus auf den Fluss. Nach etwa 45 Minuten Fahrt sind wir da, an der Ruine Yaxchilan. Die Anlage ist sehr mystisch, liegt zauberhaft mitten im Urwald. Erste Sonnenstrahlen brechen durch die dichte Wolkendecke und erzeugen eine großartige Stimmung. Wir hören und sehen wieder Brüllaffen, Leguane und einige Papageien. Die zwei Stunden Aufenthalt sind leider sehr knapp, gerne hätten wir noch etwas mehr Zeit gehabt. Aber gerade als wir ablegen, kommen viele andere Boote mit großen Touristengruppen an, also perfektes Timing!

Die Cascadas de Golondrinas sind nicht nur einfach ein weiterer Wasserfall auf unserer Route sondern hier gibt es etwas besonders zu sehen. Hinter einem der Fälle lebt eine Schwalbenkolonie. Kurz nach Sonnenuntergang können wir einige Hundert bei ihrem Flug in die Höhle beobachten. Sie suchen und finden genau die Lücken im Wasservorhang, um nicht nass zu werden. Faszinierend.

In Palenque endet die 307, wir erreichen die letzte Station in dieser großartigen Gegend. Von der ehemaligen Mayametropole wurden ca 5 % aller Gebäude ausgegraben und größtenteils restauriert. Diese Stätte ist einfach zu erreichen, steht zudem auf der Liste der Weltkulturerbe und daher beeilen wir uns am Morgen um noch vor den großen Touristenströmen auf dem Gelände zu sein. Da wir den Hintereingang benutzen gelingt uns das auch und so können wir noch die Ruhe genießen bevor wir auf die vielen anderen Besucher treffen. Das dazugehörige Museum haben wohl nicht viele auf dem Schirm, umso besser für uns, denn es ist sehr gut gemacht.

Am Mittag machen wir uns noch auf den Weg zur Golfküste und damit erreichen wir auch die bekannte Halbinsel Yucatan. Wir wollen mal wieder das Meer sehen. Auf einem kleinen Campground direkt am Wasser machen wir für ein paar Tage Station, trotzen der Hitze und genießen ein bisschen Karibikfeeling. An der Ausgrabungsstätte Oxkintoc verbringen wir eine ruhige Nacht bevor wir die Anlage am nächsten Morgen ganz für uns alleine haben.

Eine Besonderheit auf Yucatan sind die Cenoten, das sind meist eingestürzte Karsthöhlen die mit sauberstem Süßwasser gefüllt sind. Die ganze Halbinsel ist quasi unterhöhlt und durchlöchert, mehr als 6000 der Kalksteinlöcher sind bekannt. Natürlich sind einige davon touristisch erschlossen, wir machen uns auf die Suche nach den nicht ganz so bekannten und nicht ganz so überlaufenen. Mit der Cenote Mani-Chan landen wir gleich einen Volltreffer. Wir teilen uns die unterirdische Grotte nur mit ein paar Schwalben und Fledermäusen, ansonsten können wir alleine im glasklaren Wasser planschen. In der Cenote Hool-Kosum sieht es da schon anders aus, hier besteht auch Schwimmwestenpflicht, viele Mexikaner können nämlich nicht schwimmen. Aber schön ist es trotzdem wie die Sonnenstrahlen durch das Loch in der Decke in die Höhle fallen.

In der Kolonialstadt Valladolid verbringen wir zwei Tage auf einem netten Campingplatz, die Stadt selbst ist uns aber viel zu touristisch. Mehrere große Reisebusse stehen rund um den Zocalo und spucken ihre Fracht auf den Dorfplatz. In Yucatan können wir das „echte“ México gar nicht mehr erkennen, alles ist auf die mehrheitlich nordamerikanischen Kreuzfahrttouristen ausgelegt. Aber gut, das wussten wir vorher, so haben wir auch nur wenig Zeit hier eingeplant.

Die ganze Karibikküste lassen wir links liegen, zu den vielen Touristen kommt auch noch viel Seegras, die Berichte die wir von anderen Reisenden bekommen motivieren uns nicht gerade dorthin zu fahren. So geht´s für uns direkt an die Laguna Bacalar, praktischerweise haben sich auch viele Freunde und Bekannte dort versammelt. So treffen wir wieder auf Denise&Peter, Franzi&Kay und Heinz, und lernen auch die Besatzung eines Unimogs, Manuela&Uli kennen. Wir verbringen entspannte Tage, essen mehrmals leckere Shrimptacos, zünden seit langer Zeit mal wieder ein Lagerfeuer an und gehen schwimmen im türkisblauen Wasser.

Und dann endet nach 5 Monaten unsere Zeit in México – wir kommen wieder!

3 Gedanken zu „Blau in allen Farben

  • Holger Todtenhaupt

    Hallo Ihr Weltenbummler,

    vielen Dank für Euren Bericht und die tollen Bilder. Ich begebe mich heute nach der Arbeit auch auf ein kleines Abenteuer. Die erste Nacht in dieser Segelsaison auf meinem kleinen Folkeboot bei erwarteten 4° Grad in der Nacht. Die Sonne geht gerade unter, der Wind ist eingeschlafen, die Möwen und Schwalben singen ihre Lieder 🙂

    Euch weiterhin eine gute Reise wünscht Holger

    Antwort
  • Brigitte

    Wie immer ein super toller Bericht mit traumhaft schönen Fotos.

    Antwort
  • Ulrich Eicher

    Hallo ihr Lieben, vielen Dank! Weiterhin alles Gute.
    Liebe Grüße aus Baden-Baden
    Brigitte und Uli

    Antwort

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