Due to virus …
01.01.– 14.03.2021
Das neue Jahr beginnt für uns mit Bürokratie. Unser Visum für die USA läuft Ende Januar aus (Wahnsinn wie die Zeit vergeht) und wir haben uns entschieden eine Verlängerung unseres Aufenthalts bei der Homeland Security zu beantragen. Die Landgrenze nach Kanada ist geschlossen und die nach Mexiko „offiziell“ auch (Auf mexikanisch heißt das allerdings, dass eine Einreise nach Mexiko möglich ist, zurück in die USA aber nicht). Heim ins winterliche Deutschland mitten in den Lockdown ist auch keine reizvolle Alternative, daher machen wir uns ans Ausfüllen der Formulare. Bevor wir diese in die Post geben können brauchts unzählige Kopien und Nachweise und eine money order (eine Art Scheck) zum Bezahlen der Gebühr, die wir beim US Postal Service kaufen können. Eigentlich ginge das Verfahren auch supereinfach online, aber leider nicht wenn man wie wir zu zweit ist. Da bleibt nur das umständliche und zähe Verfahren auf Papier. Wie umständlich und zäh werden wir in den nächsten Wochen noch erfahren…
Auch heißt das neue Jahr erstmal Abschied nehmen von unserer liebgewonnenen Reisefamilie. Saundra und Martin machen sich auf den Weg quer durchs Land zu ihrem neuen Haus in South Carolina, für Ivan geht es über die Grenze nach Mexiko. Er hat bereits einmal eine Verlängerung seines Visums bekommen und daher bleibt ihm nur der Weg nach Süden. Mit Sandie und Karsten werden wir noch eine Weile weiterreisen und so verabschieden wir uns nach zwei Wochen von Duke und seinem Snowbirdnest und machen uns zu Viert auf den Weg gen Osten. Unser Ziel sind die Hot Well Dunes, eine Wüstenlandschaft mit heißen Quellen. Bereits bei der Einfahrt zum Areal springt uns jedoch das Schild an: „Hot Springs closed due to virus“ – ja schade, nix mit Baden – dafür sind wir fast die einzigen Besucher und die Gegend gefällt uns sehr gut. Also bleiben wir 4 Tage und gehen wandern. Immer querfeldein, Wege gibt es nicht und trotzdem schaffen wir es mit ein wenig Kraxelei auf den Vorgipfel des Javelina Peak.
Über die Willcox Playa, ein Vogelschutzgebiet für Kraniche, wo wir zwei kühle Tage abwettern, geht’s weiter in ein uns bereits bekanntes Terrain, in das Chiricahua National Monument. Hier waren wir bereits im Februar 2020, aber warum nicht noch mal,t wenns schön war? Und so werden wir auch diesmal nicht enttäuscht – wir wandern den großen Loop, mit 16 Kilometern und einigen Höhenmetern durchaus anstrengend. Zur Belohnung nach all den Strapazen gibt es am Abend eine ordentliche Portion Kaspressknödel an unserem Stellplatz im nahegelegenen Nationalforest.
Das ehemalige Minenstädtchen Bisbee, heute eine lebhafte Bleibe für viele Künstler, wirkt wie aus der Zeit gefallen. Ganz untypisch für die USA ist Bisbee hübsch restauriert, ganz ohne Kitsch, mit einigen Cafes, Restaurants und individuellen Läden. Leider ist auch hier „due to virus“ vieles geschlossen und es herrscht sogar Maskenpflicht auf den Straßen. Das schreckt wohl viele Amis ab und so flanieren wir recht allein über die Straßen. Zu unserer Freude hat aber eine Eisdiele geöffnet, mit „echtem“ Eis, d.h. Pistazie ist nicht neongrün und es gibt auch keinen zermatschten Schlumpf. Sehr lecker!
Einen schönen Stellplatz für die nächsten Tage finden wir in der Miller Peak Wilderness, in der Nähe der Stadt Sierra Vista. Hier richten wir uns häuslich ein, gehen viel wandern und feiern schließlich auch Karstens Geburtstag. Doch nach einer weiteren Nacht im Naturschutzgebiet Las Cienegas trennen sich nun auch unsere Wege. Sandie und Karsten fahren nun auch gen Mexiko, für uns geht es zurück nach Tucson. Vielen Dank Euch Beiden für die superschöne Zeit und hoffentlich bis bald!
In Tucson quartieren wir uns wieder bei Duke ein – denn es wartet eine Menge Arbeit auf uns. Unser Dach und auch unsere Fenster brauchen mal wieder eine Intensivpflege. Die starke Sonneneinstrahlung und die überwiegend staubtrockene Luft macht keine Dichtung auf Dauer mit und so heißt es mal wieder Solarzellen runter und das Dach komplett neu eindichten. Die Fenster bekommen Regenrinnen, damit ist hoffentlich auch deren Leckage bei heftigen Regenfällen Geschichte. Wenn wir schon dabei sind verlegen wir auch die Anschlusskabel der Solarzellen neu und auch sonst gibt es tausend Kleinigkeiten die erledigt werden wollen. Der Amazon-Packerlbote kommt fast jeden Tag bis an die Haustüre (so eine „feste Adresse“ hat echt Vorteile) und bringt neue Arbeit. Der freut sich übrigens über unsere Bestellorgie: „order people, that gives me a job!“ So gönnen wir uns USB-Steckdosen, ein Reifendruckprüfsystem und eine „Umfallanzeige“. Der Kühlschrank bekommt Stauboxen, wir ersetzen unsere Bratpfannen und, und, und. Tucson bringt aber auch noch weitere Annehmlichkeiten mit sich, so gehen wir auch mal wieder in ein Einkaufszentrum und tatsächlich auch mal wieder lecker Essen – in einem Restaurant waren wir zuletzt im August 2020. Und bis wir uns versehen sind 3 Wochen um und bei Peter setzt der gefürchtete Kaktuskoller ein.
Ein Tapetenwechsel tut Not! Aber wohin? Das Wetter wird schlecht … Moment, das Wetter wird schlecht? Mit Schnee und Kälte und so? Genial – genau richtig für die Gila Hot Springs in New Mexico. Der aufmerksame Leser unserer Berichte weiß (gell, Sandra und Martin), dass wir auch hier schon einmal gewesen sind und das wissen auch Carla und Allan, die Besitzer der Springs. Als wir sie anschreiben um ein Plätzchen zu reservieren können sie sich sofort an uns erinnern. Wie schön, da freuen wir uns gleich doppelt.
Doch bevor wir in den Winter fahren machen wir noch einen Abstecher in die Dragoon Mountains. Die tolle Felsenlandschaft ist ideal zum Wandern und Klettern. Wir gehen den Slavin Gulch Trail und erkunden an dessen Ende eine verlassene Kupfer- und Zinkmine, am nächsten Tag kraxeln wir bergfeldein herum. Nach einem schönen Wochenende machen wir uns auf in Richtung Gila Wilderness, wählen für die Abfahrt aber eine andere Route als auf dem Hinweg. Denn dort gibt es einen Checkpoint der Border Patrol, und mit den Jungs wollen wir nicht diskutieren, dass wir immer noch keine Eingangsbestätigung unseres Visumverlängerungsantrags haben. Normalerweise dauert es 2 bis 3 Wochen bis man die für die weitere Bearbeitung notwendige Fallnummer erhält, aber „due to virus“… So holpern wir über eine rumpelige Piste, sind uns manchmal aufgrund der verwirrenden Beschilderung nicht sicher ob wir uns noch auf öffentlichem Land oder bereits auf Privatgrund befinden – aber niemand schießt auf uns, es ist also wohl alles gut. Kurz bevor wir lt. Googlemaps auf die Teerstraße einbiegen sollen, stehen wir vor einem verschlossenen Tor. Wir fahren etwas näher ran und erfreulicherweise öffnet es sich automatisch. Zumindest der letzte Teil der Strecke war wohl tatsächlich privates Land, von der anderen Seite hätten wir nicht einfahren können. Glück gehabt.
Auf dem weiteren Weg nach Gila beginnt es bereits zu schneien und wir suchen uns noch vor Silver City einen Übernachtungsplatz. Es schneit weiter und die Nacht wird minus 12 Grad kalt. Knackig, aber dank bollernder Heizung kein Problem. Nur unsere Abwassertanks sind not amused, beide frieren ein und weigern sich abzulaufen. Nicht schlimm, denn den Dicken interessiert der Temperatursturz nur wenig, er springt mühelos an. Er ist tapfer, die Besatzung ein bisschen weniger. Ist doch die ohnehin nur einspurige Straße über die Berge zu den Hotsprings noch nicht gut geräumt, quasi nur halbspurig (oder ist das dann viertelspurig?) und bei Gegenverkehr gar nicht lustig. Aber wir schaffen es und kommen am Nachmittag bei den Hotsprings an. Wir beziehen für 10 Tage unseren Stellplatz und genießen die Zeit sehr. In den ersten Tagen wechseln sich starker Schneefall und Sonnenschein ab, es ist sehr kalt aber wir finden es großartig, dabei in den heißen Pools zu sitzen. Anschließend wird es wieder wärmer und wir können auf einigen spannenden Wanderungen die Gegend erkunden. Ein Rennen um ein Foto mit einer großen Herde Hirsche verlieren wir leider. Die hatten wohl keine Lust sich im Internet wiederzufinden. Wir haben tolle Gespräche mit Carla und Allan, die ihr ganzes Leben in dem kleinen Dorf (ca. 35 Einwohner) am Ende der tollsten Sackgasse der Welt (wie wir finden) verbracht haben. Am letzten Abend liefern wir uns noch ein heißes Duell bei Mexican Train (eine Art Dominospiel) bevor wir schweren Herzens aufbrechen. Eigentlich hatten wir eine Runde durch das südliche New Mexiko geplant, aber „due to virus“ haben wir auch Ende Februar noch immer nichts von der Homeland Security gehört. Und da sich in New Mexiko ganz viel Borderpatrol tummelt, fahren wir zurück nach Arizona.
Wir lassen uns über „scenic Byways“ in Richtung Phoenix treiben und finden zufällig die Black Hills Rockhound Area, ein tolles Gebiet für Steinesammler und herrlich zum Übernachten. Drei Tage amüsieren wir uns über die Besucher, die mit hängenden Köpfen den Boden nach seltenen Exemplaren absuchen. Kaum einer verlässt jedoch dabei die unmittelbare Region um den Parkplatz und dementsprechend wenig erfolgreich ziehen sie wieder von dannen. Dabei müsste man wirklich nur ein paar hundert Meter weiter ins Gelände, da kullern vor allem Quartze tausendfach durch die Gegend.
Es zieht uns in die Superstition Mountains, eine Gebirgskette in der man herrlich wandern und wild campen kann. Wir finden einen wunderschönen Stellplatz, dank der etwas „unkomfortablen“ Anfahrt verirrt sich kaum jemand sonst zu uns. Wir richten uns ein, bauen den Feuerring neu auf, spannen seit langem unsere Markise wieder auf – denn es wird in den nächsten Tagen weit über 30 Grad heiß und Peter bastelt uns sogar eine sichtgeschützte Aussendusche. Dank unserer Solardusche, im wesentlichen ein schwarzer Plastiksack, gibt es sogar heißes Wasser. Neben tollen Wanderungen und zwei Einkaufstouren in der Peripherie von Phoenix beschäftigen wir uns auch mit der Homeland Security. Wir können zwar niemanden telefonisch erreichen, das ist nicht mehr vorgesehen, aber immerhin gelingt es uns nach einer relativ kurzen Wartezeit mit einem Officer zu chatten. Der berichtet uns, dass es mittlerweile bis zu 90 Tage dauert, ehe die Eingangsbestätigungen mit der Fallnummer versendet werden können. Die Behörde war vor Corona mit der Bearbeitung von Anträgen schon erheblich im Verzug und „due to virus“ scheinen sie nun komplett abgesoffen zu sein. Und Anfang März trudeln die lang ersehnten Briefe dann tatsächlich bei Denise in Denver ein, wir sind wieder safe und können im Falle des Falles vorweisen, dass wir uns legal im Land aufhalten.
Wir verbringen auch Michaelas Geburtstag noch hier in den Superstitions, feiern mit Prosecco und vielen Telefonaten und Nachrichten von Familie und Freunden. So fern und doch ganz nah.
Nachdem wir noch zwei Tage bei kühlen 15 Grad und Regen abwettern, packen wir nach zwei wunderschönen Wochen unseren Hausstand wieder ein und fahren weiter in den Norden. Mal wieder den Vorgarten wechseln.
Hi ihr Lieben, wieder großen Dank für euren tollen Bericht. Wahnsinnige Bilder.
Wir drücken die Daumen für die Verlängerung! Sicherlich nicht einfach…!
Bei uns steigen die Coronazahlen wieder. Es ist verrückt.
Bis auf kurze Bewegungsfahrten, bis der Motor wieder warm ist, steht unser Wohnmobil. Es macht auch keinen Spaß irgendwo hin zu fahren, wenn das Leben im Land mehr oder weniger steht
Euch weiterhin eine kurze Zeit.
Anbei ein Link über die Versäumnisse in D!
Liebe Grüße aus Baden-Baden, Uli und Brigitte
https://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/deutschlands-strukturelles-staatsversagen-a-205a9575-ae58-497e-9bda-5f8c6a32e7f0
Liebe Brigitte, lieber Uli, nachdem die Grenzer, zumindest bei uns, immer ein großes Trara machen bis sie uns 6 Monate Aufenthalt in den Paß stempeln, geht alles nicht mehr so genau wenn man dann mal drin ist. Die Bearbeitungszeiten für unseren Verlängerungsantrag wird wahrscheinlich unseren tatsächlichen Aufenthalt übersteigen. Dafür staunen wir umso mehr über den Fortschritt der Impfkampagne. Es wird 24/7 in sehr gut organisierten Drive-Ins geimpft, man muss nur den Arm aus dem Fenster halten.
Euer Womo ist bestimmt sehr irritiert dass es zum Rumstehen verdammt ist, aber es kommen wieder andere Zeiten, wir drücken uns allen die Daumen!
Ganz liebe Grüße in die Heimat, MuP
Liebe Michaela, lieber Peter,
vielen Dank für die phantastischen Bilder und Euren, wie immer Fernweh bewirkenden Reisebericht. Trotz der gelegentlichen nervigen Einschränkungen „due to virus“, erlebt Ihr zur Zeit doch den Luxus der Freiheit und weiten Natur. Kein Vergleich zum Lockdown in Deutschland. Wir sind daher dankbar, dass wir zumindest virtuell ein wenig mit Euch verreisen können. Gut dass es letztendlich mit Eurer Visum-Verlängerung geklappt hat. Wir sind sind schon sehr gespannt auf Eure nächsten Reiseziele. Weiterhin viel Spaß, genießt es und vor allem bleibt gesund!
LG Steffie & Bodo
P.S. Liebe Michaela, nachträglich ganz liebe Geburtstagsgrüße!
Liebe Steffie, lieber Bodo, vielen lieben Dank fürs Mitreisen. Ihr habt völlig Recht, von „Einschränkungen“ sind wir wirklich weit entfernt. Wir befinden uns in einer traumhaften Lage und sind uns dessen auch sehr bewusst!
Wir halten immer die Augen offen nach einem geeigneten Reisefahrzeug für Euch, aber es ist wohl momentan echt sehr schwierig etwas passendes zu finden. Aber irgendwann klappt das auch, wir drücken die Daumen. Wir freuen uns schon sehr auf unser „Live“-Treffen, bis dahin alles Liebe und viele Grüße, MuP
Nachträglich noch alles Gute zum Geburtstag. LG Markus Baldauf
Vielen lieben Dank & vielen Dank fürs Mitreisen 🙂