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never stop

Nordamerika / Mexico

CDMX

14.02. – 19.02.2023

Ciudad de Mexico – Mexico City, in der Metropolregion leben 21 Millionen Menschen. Wahnsinn, das ist ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands! Das müssen wir uns näher anschauen. Der Dicke darf leider nicht mit rein, er ist zu alt und damit ein bisschen zu rußig. Die Luftqualität ist regelmäßig sehr schlecht, daher werden zu alte Fahrzeuge komplett ausgesperrt. Für alle anderen heißt es „hoy no circular“ – in etwa „heute kommst Du nicht rein“. Je nach Endziffer im Autokennzeichen bleibt das Auto an bestimmten Wochentagen stehen. Einzig am verkehrsärmeren Sonntag sind die Behörden gnädig, da darf jeder alles. So passt es ganz gut, dass wir am Sonntag nach Teotihuacan, einem Ort am Rand von Mexico City fahren. Die Zone in der das Fahrverbot gilt, ist etwas undurchsichtig und für manche Polizisten sind gerade ahnungslose Touristen ein gefundenes Fressen für Phantasiestrafen. Natürlich in bar, gerade zu perfekt für die Seitentaschen der Uniform.

 In Teotihuacan parken wir den Dicken auf einem Campingplatz und sagen für ein paar Tage Tschüß. Ein Uber bringt uns für aberwitzige 13 Euro die gut 50 (!) Kilometer vom Stadtrand bis ins Zentrum.  Dort haben wir eine kleine Wohnung im 15. Stock eines Appartementkomplexes im Centro Historico gebucht. Alles ist sauber und ordentlich, es gibt Klimaanlagen um die wir echt froh sind, denn die Sonne brennt gnadenlos durch die bodentiefen Fenster. Die Qualität ist Mexican Style, also lieber nicht allzu genau hinschauen! Aber uns gefällt‘s und nachdem wir unsere Taschen abgeladen haben geht’s auch gleich raus in die Stadt – wir haben Hunger. Wow – hier ist was los! Wir fühlen uns sofort wohl und finden nach einem kleinen Irrspaziergang im Leuchtmittel-Viertel (dazu später mehr) ein tolles Restaurant für ein spätes Mittagessen. Anschließend lassen wir uns weiter rein ins Historische Viertel treiben. Der Zocalo – also der Stadtplatz, den es in jedem noch so kleinen Dorf gibt, hat hier riesige Dimensionen. Hier wurde der James Bond Film „Spectre“ gedreht. Und so machen wir uns auf die Suche nach weiteren Locations und werden im Foyer des Gran Hotels auch fündig. Daniel Craig ist leider nicht mehr hier, aber wir können uns kaum vorstellen, dass dieses große Areal für die Dreharbeiten mehr als 2 Wochen lang gesperrt war und es nicht zu einem Verkehrskollaps gekommen ist. Auf dem Zocalo, an dem angrenzend auch die monumentale Kathedrale und der noch beeindruckendere Nationalpalast stehen, hat jeden Morgen und Abend eine überdimensional große Fahne ihren Auftritt. Ein Großaufgebot von Soldaten marschiert und musiziert in Paradeuniform um die Fahne zu hissen bzw. abzunehmen. Das alles geschieht etwas chaotisch, so stehen wir und auch viele andere mehrmals den Marschierenden im Weg. Wird gerade an einer neuen Choreographie gearbeitet oder gehört das so? Bis wir uns versehen ist es 19 Uhr und wir sind Schlag kaputt von all den Eindrücken und vor allem dem grandiosen Trubel um uns herum. Wir kaufen beim Supermarkt noch kurz ein paar Kleinigkeiten und stellen anschließend in unserer Wohnung erstmal die Möbel um. Jetzt können wir das Lichtermeer unter uns vom Sofa aus genießen.

 

Am nächsten Morgen sind wir schon früh unterwegs, wir nehmen die Metro (eine Fahrt kostet 5 Peso, das sind 25 Cent pro Person, dabei darf man beliebig oft umsteigen. Hallo Deutschland: So funktioniert öffentlicher Nahverkehr!) bis zum Bosque de Chapultepec. Die riesige Parkanlage ist die grüne Lunge der Stadt, wir laufen ein Stück durch bis zum Antropologischen Museum. Die Ausstellung über die alten Kulturen dort ist sehr, sehr sehenswert. Besonders gelungen finden wir die Mischung aus Innen- und Aussenanlagen. Reizvoll sind die manchmal versteckten Gänge und Katakomben. Halb verhungert und erschöpft vom vielen Gucken und Lesen der in sehr kompliziertem Englisch geschriebenen Schautafeln, retten wir uns ins Museumscafe. Vermutlich haben wir nur die Hälfte der Exponate gesehen, für heute reicht es uns aber mit Kultur. Wir spazieren noch ins angrenzende Viertel Poblano. Hier wohnt die Upperclass, die Stimmung ist komplett anders als in unserem Viertel. Es gibt sehr schicke, aufwendig dekorierte Restaurants und ganz viel Grün, nur wenig Verkehr. Spannenderweise gibt es aber auch hier die vielen kleinen Streetfoodbuden, nur dass die Kundschaft hier in Anzug und Krawatte etwas gestylter ist. Sehr charmant dass auch auf dieser Seite der Stadt sehr gerne einfach nur Tacos aus der Hand gegessen werden. Im BMW Autohaus steht ein fetter SUV mit jeder Menge Einschusslöchern diverser Kaliber. Andere Länder, andere Werbeargumente! Mit der Metro geht’s wieder zurück zur Wohnung, wir hauen uns eine Stunde aufs Ohr bevor wir zum Abendessen nochmal zu unserer Taqueria gehen. Wir sind einfach unverbesserliche Gewohnheitstiere, wenn es uns einmal irgendwo gefallen oder gut geschmeckt hat, kehren wir zurück anstatt nochmal was Neues auszuprobieren. Aber wie sagt unser lieber Freund Peter immer: „Lieber hamm, als hätte!“. Den Abend ausklingen lassen wir am Plaza Garibaldi. Die trifft sich die Mariachi-Szene. Die Bands spielen wild durcheinander in voller Lautstärke, die Mexikaner grölen lautstark mit. Uns fehlt der dafür nötige Alkoholpegel, also machen wir uns langsam auf den Heimweg.

 

Wow – die Stadt hat es wirklich in sich! Die vielen Eindrücke und auch die vielen Kilometer die wir laufen schlauchen uns ganz schön. So gehen wir an Tag 3 morgens erstmal bei uns im Viertel frühstücken bevor wir zum Revolutionsdenkmal (protzig und hässlich, wie meistens diese Art von Siegerdenkmälern) spazieren. Anschließend besuchen wir die Bibliotec de Mexico. Dieses Gebäude gefällt uns sehr gut, der morbide Charme gepaart mit ganz viel Grün ist sehenswert. Die Metro bringt uns nach einer kleinen Siesta ins Viertel Zona Rosa, das so gar nicht unser Ding ist. Hier trifft sich das Partyvolk, so gehen wir zügig weiter nach Roma Norte – schon viel besser! Hier ist besonders faszinierend, dass es plötzlich ruhig wie auf dem Dorf ist. Kein Verkehr, hübsche Bürgerhäuser, sehr nette (aber auch sehr hochpreisige) Restaurants. Wir setzen uns und bestellen Kaffee und Kuchen. Irgendjemand sehr wichtiges muss mit uns dort sitzen, an allen Straßenecken sind breitschultrige, geschniegelte Bodyguards postiert. Überhaupt sind die Sicherheitsvorkehrungen beeindruckend. Wir haben noch nie so viel Polizei, Guardia National, Militär und private Sicherheitsdienste gesehen wie in dieser Stadt. Gefühlt sind die Hälfte der Einwohner im Sicherheitsbusiness beschäftigt und die andere betreibt Essensstände. Auch die Metrostationen werden extrem kontrolliert und das zudem von verschiedenen Fraktionen. Was für ein Aufwand, aber wahrscheinlich traut die eine der anderen nicht?! Auffallend ist, dass alle sehr freundlich und hilfsbereit sind – und immer, wirklich immer ihr Handy in der Hand haben, so gefährlich ist Mexico dann anscheinend doch nicht?

Nochmal zurück zum Leuchtmittel-Viertel. Es gibt ein paar weitere Besonderheiten, die uns in diesen Tage aufgefallen sind:

  • Läden derselben Gattung sammeln sich in einer Straße, in einem Viertel. So streifen wir in diesen Tagen zum Beispiel durch das besagte Beleuchtungsviertel, aber auch durch das für Gummitüllen, für Cowboystiefel, Sanitärbedarf oder auch für Kupplungen.
  • Die Schuhputzer verkaufen neben ihrer Dienstleistung auch einzelne Zigaretten. Gerade richtig um die Zeit bis zu sauberen Schuhen zu überbrücken.
  • Man muss immer, wirklich immer auf den Boden schauen. Nicht jeder Gullideckel sitzt fest, mancher fehlt komplett, es gibt jede Menge Stolperfallen.
  • Die Stadt ist extrem sauber, es gibt keine Straßenhunde und zu jeder Tageszeit wird von den Mitarbeitern der Stadtreinigung gefeudelt und gefegt.
  • Trotzdem riecht es oftmals nach Abwasser, es empfiehlt sich geruchsfest zu sein. Beim Schlendern durch die Stadt riecht es immer nach irgendwas.
  • In der Metro gibt es spezielle Wagen nur für Frauen und Kinder – fällt uns erst auf als Peter als einziger Mann dann doch etwas aus der Menge heraussticht.
  • Jeden Tag demonstriert hier irgendjemand wegen irgendwas. Oftmals gibt es mehrere Demonstrationen zugleich und die Polizei ist dauerhaft in Bereitschaft in einer der Seitenstraßen (natürlich aufs Handy blickend).

 

Als wir am nächsten Tag nochmal durch unser Viertel, dem Centro Historico streifen, lassen wir uns einfach treiben und entdecken viele uns auf den ersten Blick verborgene Ecken, Gässchen, Läden und vor allem Menschen. Wir erleben die Stadt als sehr lebens- und liebenswert – aber sicherlich müssen wir hier nicht dauerhaft leben und schon gar nicht unseren Lebensunterhalt verdienen. Trotzdem wirken die Menschen auf uns nicht so verbissen und gestresst, da schwingt man gerne mal das Tanzbein auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. An einigen Plätzen haben professionelle Bands ihr Setup dafür aufgebaut.

Schön langsam haben wir platte Füße und der Aufnahmekanal ist voll. Das Viertel Cansado steht heute noch auf dem Programm, wir schlendern über die Märkte, durch schöne Parks und durch ruhige Wohnviertel. Wieder ein sehr starker Kontrast zu dem Mexiko, dass wir bis jetzt erlebt haben. Vielleicht ein Standort für eine Unterkunft, wenn wir die Stadt erneut besuchen. Das haben wir zumindest vor, wenn wir aus Deutschland zurückkommen, denn die Stadt macht Lust auf mehr. Heute ist Freitag abend und es ist die Hölle los, die Polizeipräsenz ist noch höher als unter der Woche, aber die Stimmung ist ausgelassen, kein Grund zur Sorge. Was für ein schöner Abschluss!

 

Ein Gedanke zu „CDMX

  • Dr. Ulrich Eicher

    Hallo ihr Lieben, wunderbar wie ihr diese tolle Stadt beschreibt. Das macht Lust!

    Vielen lieben Dank und weiterhin gute Zeit. Bleibt gesund und vorsichtig!

    Liebe Grüße aus Baden-Baden, Brigitte und Uli

    Antwort

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