Free Solo
20.10. – 31.10.2023
Peter steigt in den Flieger nach Hause und ich und der Dicke bleiben alleine in Las Vegas zurück. Zunächst hatten wir überlegt ob wir eine feste Bleibe für mich für diese 10 Tage suchen, aber schlußendlich fand ich die Idee auch mal alleine unterwegs zu sein sehr spannend. In den Wochen zuvor verordne ich mir nochmal ein intensives Fahrtraining und mittlerweile bin ich sogar beim Rückwärtsfahren nur mit der Hilfe der Aussenspiegel aus kleinsten Lücken ziemlich Profi.
So gehts nach einer weiteren Nacht in Las Vegas los – raus aus der Glitzermetropole entlang des Lake Mead bis zum Valley of Fire. Am Parkeingang werde ich von der Rangerin Becky mit Handschlag begrüßt, es fällt sofort auf, dass ich alleine unterwegs bin und so bekomme ich etwas extra Aufmerksamkeit. Ich beziehe meine schöne Campsite zwischen den roten Felsen und flüchte in den Schatten, es ist sehr heiß. Gerade als ich abends mit Kochen und Essen fertig bin, kommen Simone & Martin mit ihrem Mercedes vorgefahren. Die beiden sind auf der Suche nach einer freien Site, natürlich erfolglos, alles reserviert – aber meine ist ja groß genug so kuscheln sich die beiden mit ihrem Truck vor den Dicken. Wir quatschen noch einige Zeit in den Abend und verabschieden uns dann, die beiden wollen morgen sehr früh los. Nach einer ruhigen Nacht mache ich mich am Vormittag auf den Weg zum Visitorcenter und treffe dort auf Anne und Filip, ein Paar aus Belgien die ich bereits gestern kurz gesprochen habe. Die beiden besuchen mich später auf meiner Site, ich bekomme leckeren Cappuccino kredenzt und wir verbringen einen netten Nachmittag zusammen. Filip arbeitet für eine deutsche Firma in den USA und hat seinen Chef überredet ihm ein Wohnmobil für seine Reisen als Verkäufer quer durchs Land zur Verfügung zu stellen. Coole Idee. Ich bekomme alle Kontaktdaten, falls mal was sein sollte – supernett! Auch in dieser Nacht teile ich meine Site, diesmal mit einem Ehepaar aus München. Es gab wohl eine Doppelbuchung für ihren eigentlichen Platz. Wie war das nochmal mit dem alleine reisen? Gelingt mir noch gar nicht so richtig 😊
Der Zion Nationalpark ist mein nächstes Ziel, 220 Kilometer ist die Tagesetappe um dorthin zu kommen. Ich gehe noch Tanken, Einkaufen und Wasser fassen – ganz schön viele Handgriffe wenn man alles alleine macht. Sonst so selbstverständlich, fällt mir auf welch gut eingespieltes Team Peter und ich sind und dass er nun einfach fehlt!
Ich beziehe meine Site für die nächsten 5 Tage, laufe noch einige Kilometer am rauschenden Fluss entlang und mache noch einen Abstecher ins Visitorcenter. Am nächsten Tag nehme ich den Shuttlebus bis zur Station „El Grotto“. Von dort geht’s auf den Emerald Pool Trail, omG, soviele Menschen. Der Trail ist echt schön, aber es gibt einfach zu viele Mitwanderer. Aber ich habe Glück, denn auf dem Weg in Richtung Zion Lodge ist eine Brücke gesperrt, die nächste ist einige Kilometer weiter zu laufen. So macht das tatsächlich niemand und ich bin plötzlich ganz alleine unterwegs. Nur ich, ein paar Squirrels, buntes Laub, tolle Aussicht, sonst nichts. Wow!
Meine nächste Wanderung führt mich auf den Watchman Lookout, diesmal schlauer gehe ich erst am späten Nachmittag los, so sind nicht mehr viele andere unterwegs. Oben angekommen hat mein Handy wieder Empfang und ich bekomme die Mail dass ich ein Permit für die Wanderung zum Angels Landing gewonnen habe. Hurra! So nehme ich am nächsten Tage wieder den Shuttlebus und lasse mich zum Ausgangspunkt der sehr anspruchsvollen Tour bringen. Zunächst geht es auf vielen, vielen Switchbacks bis zum Einstieg in den Klettersteig. Auf einem recht schmalen Grad ziehen sich die Versicherungen bis nach oben zu den Engeln. Es dürfen pro Tag nur eine festgelegte Zahl an Personen in den Trail einsteigen, die Absturzgefahr ist nicht unerheblich. Ich habe einen perfekten Zeitpunkt erwischt, ich muss nur selten jemanden passieren lassen. Oben bin ich auch fast alleine und sehr stolz auf mich! Aber auch wehmütig, denn ich kann dieses großartige Erlebnis nur am Telefon mit Peter teilen.
Am nächsten Morgen brauche ich einige Zeit um mein Camp wieder zusammenzupacken, aber der Dicke und ich rollen pünktlich vom Hof um nach St. George zu fahren. Dort treffe ich mich mit Tanja und wir versorgen uns mit Köstlichkeiten aus der Farmstead Bakery bevor etwas Kultur auf dem Programm steht. Der Tempel der Mormonen wurde renoviert und steht kurz vor der Weihe. Bis dahin dürfen auch Nichtgläubige die heiligen Räume der Sekte betreten. Gut organisiert, sehr interessant und ganz anders als wir uns das vorgestellt haben. Es geht hier nicht um Massenbeschallung wie z.B. in einer katholischen Kirche, sondern eher um „individuelle Bearbeitung“ der Gläubigen, dafür gibt es unzählige kleinere Räume für alle möglichen Anlässe. Erstaunlicherweise gibt es keinerlei Missionierungsversuche, wir hatten eigentlich gleich mit einem Bad im Taufbecken gerechnet. Also fahren wir weiterhin ungläubig hoch ins Pine Valley, ins Domizil von Tanja und Thomas. Die beiden haben für ein Jahr ein schönes Haus hoch oben in den Bergen Utahs gemietet und dort bleibe ich nun zwei Nächte. Wir wandern bei herrlichem Sonnenschein, aber kühlen Temperaturen durch die spätherbstlichen Pinienwälder, kochen zusammen und ich darf mich wie zuhause fühlen. Vielen Dank für eure Gastfreundschaft!
Über Mesquite und einer sehr stürmischen Nacht auf einem Casinoparkplatz (inkl. Umparken um halb zwei Uhr nachts, um die Schnauze vom Dicken wieder in den Wind zu bringen) fahre ich zurück zum Ausgangspunkt meiner Solotour. Nochmal zwei Nächte im Valley of Fire, es hat merklich abgekühlt und so beschäftige ich mich mit Blogschreiben, Büroarbeit, ziehe die Silikonnaht unserer Küchenfugen neu und feudel mal durch. Diesmal ganz ohne nennenswerte Kontakte, da kommt das Gefühl des Alleineseins so richtig durch. Aber dann ist es tatsächlich auch schon soweit – ich sammel Peter am Flughafen in Vegas ein und wir sind endlich wieder vollzählig!
Nach diesen 10 Tagen steigt meine Bewunderung für all diejenigen, die dauerhaft alleine unterwegs sind, nochmals an. Mir hat es für diesen begrenzten Zeitraum zwar insgesamt auch gut gefallen, aber die Erlebnisse nicht adhoc teilen zu können, alle Entscheidungen zu Reiseplanung oder auch im Alltag alleine treffen zu müssen, stelle ich mir auf Dauer sehr belastend vor. Ausserdem habe ich Peter wirklich sehr vermisst und zusammen ist es einfach am Schönsten!
Liebes A-Hörnchen,
Du bist wirklich sehr mutig! Alleine alles zu regeln mit so einem großen Fahrzeug, Respekt! Dann parkst Du auch noch um 01:30 Uhr in der Nacht um 🙈. Verrückt! Bestimmt ein tolles Gefühl, stolz zu sein, die Dinge auch alleine hin zu bekommen 💕. Zum Glück musst Du das ja nicht ❤️.
Liebes B-Hörnchen, was für ein schöner Kommentar – daraufhin würde ich Dir alle meine Nussverstecke verraten 😘.
Bussi vom A-Hörnchen
Michaela, it is indeed nice to be able keep up with you (normally you and Peter) and read about your life on the road… excellent write up and photography, as usual. Utah has to be one of my favorite go-to areas in the West, and it seems to be yours as well. I don’t however frequent most of the National Parks… especially Zion, because of the sea of people, but stick to the area around or in Canyonlands and Moab; not to mention Flaming Gorge (heck, I just did) and also found a way to enter Arches from the backside of Delicate Arch. Safe travels and wishes for a healthy and prosperous 2024.
Check out this free campsite (near Dugway Geode Beds, etc) located in one of the largest free camping areas in the West: 39.36891, -113.32131
Ein ganz toller Post. Ich bewundere Euch ja sowieso in jeglicher Hinsicht aber das ist nochmal eine spannende Erfahrung. Toll, dass du das gemacht hast Michaela 💪
Frohe Weihnachten, bleibt gesund und danke fürs mitnehmen 🎄🎁
Liebe Steffi, vielen Dank fürs Mitreisen! Deine Worte bedeuten mir besonders viel, denn wie Du weißt, bewundere ich Dein Engagement sehr. Alles Liebe für 2024 😘
Sehr tapfer du Süße, ich wüsste nicht ob ich das könnte. Aber vielleicht wenn man müsste …
Und übrigens wieder sehr schön geschrieben und tolle Fotos. Besonders das mit dir und dem Dicken ist sehr gut. ❤️
…und noch schöner als zu Zweit ist es zu Viert – vielen lieben Dank für den schönen Dezember 😘
Liebe Michaela, herzlichen Glückwunsch für deinen Alleingang mit dem Dicken. Sicher besser als in Vegas in einer Wohnung zu sein.
Dein letzter Gedanke hat mit sehr gut gefallen und dem kann ich voll zustimmen! jetzt ist Peter ja wieder da!
Schöne und besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch ins Neue Jahr. Bleibt vorsichtig und gesund! Liebe Grüße aus Baden-Baden, Uli
Liebe Brigitte, lieber Uli, auch für Euch alles Liebe im neuen Jahr und vor allem viel Gesundheit und weiterhin viel Freude auf Euren Reisen 🍀🍀🍀